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Tag 8: Zurück nach Huaraz

Vom “Hochgebirge” des Zeltplatzes wollen wir heute wieder zurück ins Tal nach Huaraz fahren. Diesmal auf einer anderen und wesentlich schmäleren Strecke wie bei der Auffahrt vor zwei Tagen. Am Hang entlang führt der Schotterweg, teilweise über einfache Brücken, teilweise direkt am Abgrund entlang.

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Soweit die Brücken tragen

In den Außenbezirken von Yungay wird es richtig eng, wie kommen wir an dem LKW auf der Straße vorbei? Ohne dass er in eine Parkbucht zurückfährt, haben wir keine Chance weiter zu fahren. Aber auch beim Rangieren muss der LKW-Fahrer aufpassen, direkt neben der Parkbucht beginnt wieder hunderte Meter tiefe Abgrund.

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Engstelle an einer Hauptverbindungsstraße talwärts vom Nationalpark Huascaran ins Callejon de Huaylas

Dachrinnen an LKW-Außenspiegeln schleifend fahren wir weiter, bis wir in der Großbaustelle Yungay ankommen. Auch hier unternehmen wir einen kleinen Abstecher zum örtlichen Markt. Da es außerhalb der Großstädte in Peru keine Supermärkte gibt, finden solche Märkte oft fast täglich statt. An einem Fleischverkaufsplatz passt auch der Hund auf, das nichts geklaut wird.

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Fleischverkaufsstand in Yuncay

Nach einer Mittagsrast an einem über Huaraz gelegenen Ort fahren wir wieder zu unserem schon bekannten Hotel nach Huaraz zurück.

Tag 9: Huaraz nach Lima

Heute wollen wir uns wieder auf den Rückweg nach Lima machen, nicht ohne vorher einer ganz besonderen Riesenbromelienart die Referenz zu erweisen. Die Puya Raimondi wird einerseits bis zu 10m hoch, aber andererseits auch über 100 Jahre alt. Sie blüht in ihrem Leben nur einmal.

Sie wächst in einem Seitental des Rio Santo in einer über 4000m hoch gelegenen Ebene auf der Wegstrecke, welche zum Gletscher Pastoruri führt.

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Puya Raimondi

Mit ihren teilweise mehr als 10m Höhe sind sie die größten Ananas- bzw. Agavengewächse der Welt. Ihr bis zu 6m hoher Blütenstiel enthält oft bis zu 10000 grüngelbe Blütenansätze, deren Bestäubung von den Grünkopf-Andenkolibris übernommen wird. Was man nicht machen sollte, die schwarzen abgestorbenen Stammteile sollte man nicht anfassen, denn die schwarze Farbe hält sich wochenlang auf der Haut, man spart sich den UV-Bräuner.

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Ein Wald voller Puya Raimondi

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Ein Wald voller Puya Raimondi

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Thermalquellengebiet auf über 4000m, im Hintergrund ein über 5500m hoher Eisriese der Anden

Da die Puya Raimondis meist zwischen Mai und Oktober blühen, haben wir heute noch die Chance auch blühende Exemplare zu sehen. Irgendwie ist es schon unwirklich hier auf über 4000m noch solche riesige Pflanzen in ganzen Wäldern zu sehen, die Natur hat doch manchmal schon interessante Einfälle.

Dass die Gegend hier nicht zu den erdgeschichtlich ruhigsten Orten gehört, davon zeugen auch so manche Thermalquellen im näheren Umkreis der Raimondis.

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Thermalquellengebiet auf über 4000m, im Hintergrund ein über 5500m hoher Eisriese der Anden

Wir haben heute noch einen weiten Weg vor uns, wenn wir noch zeitig in Lima ankommen wollen, denn die Fahrtstrecke ist identisch mit der Herfahrt vor einigen Tagen. Um die Fahrt nicht zu langweilig werden zu lassen, liest uns Inge auch die Geschichte des 8jährigen Matteo aus einem kleinen Andendorf aus dem Buch “Die Schuhe der Senores” (ISBN 978-3499206344) vor. Auf den Straßen sind fast wieder nur LKWs und Busse zu sehen.

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Serpentinen von 4000m hinab auf 0 Höhenmeter

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Zuckerrohrtransport einmal anders

Mit Einbruch der Dämmerung erreichen wir die Vororte von Lima und ein Abenteuer ganz anderer Art für uns vollkaskoverwöhnte Mitteleuropäer kann ihren Anlauf nehmen: Die Fahrt im Berufsverkehr durch Lima.

Lima dürfte wohl in den Außenbezirken der Albtraum für jeden europäischen Verkehrsexperten sein. Der technische Zustand vieler Fahrzeuge in Lima ist ein Graus für jeden deutschen TÜV-Prüfer: Abgefahrene Reifen, durchgerostete Blechteile, versagende Bremsen, fehlende Beleuchtung sind noch die sichtbarsten Zeichen. Einen öffentlichen Nahverkehr, eine Straßen- oder U-Bahn oder Busse gibt es nicht. Nur direkt an der Panamericana baut man an einer Schnellbuslinie.

Die Collectivos (Sammeltaxis) halten überall, wo es ihnen passt, manchmal in Dreierreihen nebeneinander. Meist sind in diesen Kleinbussen a la Mercedes Viano 6 Sitzreihen und bis zu 30 Personen. In Cusco habe ich ein Schulbus-Sammeltaxi gesehen, aus dem etwa 20 Schulkinder ausgestiegen sind und danach war noch jeder Sitzplatz mit einem Erwachsenen besetzt!

Taxis halten an den unmöglichsten Stellen um Passagiere aufzunehmen oder abzusetzen, egal ob Hunderte von Fahrzeugen dadurch blockiert werden. Kreuzungen werden gnadenlos zugestellt, sodass keine Richtung mehr weiterkommt, Einbahnstraßen sind nur auf dem Papier bekannt. Ampelschaltungen bleiben der verblichene Wunsch eines idealistischen Verkehrsplaners irgendeine Form von Ordnung in das Verkehrschaos zu bringen. Die Funktion der Hupe wird jedem deutlich mitgeteilt. Eine "defensive" und/oder vorausschauende Fahrweise, wie sie in Europa gefordert und gefördert wird, ist in Lima eigentlich nur bei Touristen bekannt.

Passt man sich nicht den rauen Sitten beim Vorwärtskommen an, so wird sich gnadenlos vorgedrängelt. Straßen, die für zwei oder maximal drei Spuren ausgelegt sind, werden mit fünf oder sechs Reihen befahren, was natürlich, bei Fahrbahnverengungen oder liegen gebliebenen Fahrzeugen, unweigerlich zu einem Verkehrschaos führt, wenn nicht gerade der 10metrige äußerst staubige Schotterseitenstreifen, der normal von fliegenden Händlern oder Autowerkstätten beansprucht wird, als mehrspurige Überholvariante missbraucht wird. Hierzu muss auch noch gesagt werden, dass in den Außenbezirken viele Nebenstraßen ungeteert sind.

In der Nähe von Unfallstellen (nicht an der Unfallstelle selbst!) trifft man manchmal auch die Verkehrspolizei an, meist in Verhandlungen darüber, wer von den 30 Mann denn nun eigentlich den Verkehr regeln sollte, der Verkehr sich also selbst zu regeln hat. Fußgänger rennen über die im Garuanebel oft miserabel ausgeleuchtete Stadtautobahn, auf der die Fahrzeuge oft mit überhöhter Geschwindigkeit fahren, und riskieren damit ihr Leben. Dabei kommt es nicht selten zu tödlichen Unfällen, bei unseren “Einfahrt” nach Lima waren dies deren 2! In beiden Fällen, die sich auf der Gegenfahrbahn abgespielt hatten, versuchte die Polizei auch taktisch Abstand zu halten (die Blaulichter waren hunderte Meter von den Unfallstellen entfernt).

Wir können nur die starker Nerven und den eisernen Magen von Reiseleiter und Fahrer Gunter in dieser Situation bewundern, wo er nur die Ruhe dazu hernimmt. Unsereiner denkt hier nur noch - Scotty ....., oder, warum denn hier keiner den Rollo herunterlässt.

Treffend zum Verkehrschaos in Lima ein Zitat eines Arbeitskollegen von mir, der vor einigen Jahren schon in Lima war: “Im Vergleich zu Lima ist Mexico City der reinste Kinderfasching”. (Ich hoffe er hat recht!).

Erleichtert erreichen wir nach 2 Stunden Berufsverkehr in Lima unser Hotel im Stadtteil Miraflores.

 

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