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Farbenfroher Sonnenuntergang vom Everest (links <=> Nord), Makalu (mittig) bis zum Vollmond über den 130km entfernten Kanchenjunga (rechts <=> Ost)

Mera Peak High Camp - Sonnenuntergang

 

Da ja nun zweifelsfrei feststeht, dass es ab heute Nacht nicht in Richtung des Gipfels am Mera Center gehen wird, kann ich die Zeit bis zum Abendessen unbeschwert zum Genießen des Sonnenuntergangs mit dem Ausblick auf die Bergwelt der Achttausender verwenden. Da vom High Camp selbst nur die Szenerie östlich des Makalu einsehbar ist, geht es auf dem ausgetretenen Pfad etwa 200m Wegstrecke zurück auf den Mera Gletscher. Mein Climbingguide bewaffnet mit meiner Spiegelreflex und ich mit der GoPro.

Wenn ich jetzt schon wüsste, wie bescheiden seine Fotografierkünste wirklich sind, dann hätte ich meine Kamera nicht aus der Hand gegeben. Das Kontrollbild am Display schaut ja noch gut aus, sprich die Motivwahl passt. Dass da aber fast alle Bilder von ihm mit meiner Kamera deutlich verwackelt sein werden, von dieser Erkenntnis bin ich noch einige Minuten entfernt. Seine Fotografierhaltung in einer Mischung aus Bollywood- und John-Wayne-Filmen hätte mich eigentlich warnen sollen.

Erst eine genaue Kontrolle der Bilder am Ende des Sonnenuntergangs lässt mich das Dilemma erkennen. Die meisten Bilder sind einfach nur verwackelt. Wie man das bei 24mm Brennweite, 1/100s Belichtungszeit und ISO 400 schafft, bleibt sein Geheimnis? Für mich ist es nur ein Ärgernis mehr mit ihm. Das obige Foto auf dieser Seite z.B. ist ein nachbearbeitetes Standbild aus der GoPro, da ich zur “roten” Minute kein einziges verwacklungsfreie Weitwinkelfoto habe.

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Die “blaue” Stunde kündigt den Sonnenuntergang an

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Die “blaue” Stunde kündigt den Sonnenuntergang an

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Aufgehender Vollmond über dem 130km entfernten Kanchenjunga

Dass man sich tunlichst auf den ausgetretenen Pfaden rund um das Camp bewegen sollte, zeigen manche Schneeschichten kaum 1-2m neben dem Pfad. Auf dem Weg zum Fotografierpunkt steht ein bekanntes Mitglied von der britischen Gruppe etwa einen Meter neben dem Pfad und ist eifrig am Fotografieren.

Ich spreche ihn an: »Du traust Dir aber etwas!«

Darauf er: »Warum?«

Ich: »Hast Du schon einmal genau hingeschaut, worauf Du stehst!«

Darauf er: »Is was, ich bin doch nur auf festem Schnee einen Meter neben der Spur!«

Darauf ich: »Geb mir mal einen Deiner Trekkingstöcke!«

Er gibt mir einen Stock und ich ritze einen halben Meter hinter ihm mit der Stockspitze in den Schnee. Es öffnet sich ein gut 1m langer und zugleich auch tief wirkender Riss kaum einen halben Meter hinter ihm.

Ich: »Wenn der Schnee so ausschaut wie an dieser Stelle da, dann muss man dort immer mit einer Spalte darunter rechnen! Altschnee hat eine andere Oberflächenstruktur! Es hat da nur vor einer Woche über die Spalten drüber geschneit!«

Sichtlich beeindruckt und mit einer neuen Gesichtsfarbe im Einheitslook zum Schnee geht er auf den ausgetretenen Pfad zurück und fotografiert dort weiter.

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 Eine klar zu sehende Gletscherspalte kaum 1m neben dem Hauptpfad, im Hintergrund der Mera Peak. Links im Bild ist kein fotografierender Yeti, sondern mein Climbingguide, im Foto von mir unkenntlich gemacht.

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Letzte Bergsteiger am späten Nachmittag unweit des Mera High Camps

Es dauert nur noch wenige Augenblicke und die Farbenpracht des Sonnenuntergangs nimmt seinen Anfang, wie Ihr in den folgenden Fotos sehen könnt.

Full-HD-Video - Sonnenuntergang in der Welt der Achttausender, rechts hinter dem Felsen ist das High Camp auf 5800m ü.NN

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”Alpenglühen” über Nuptse, Everest und Lhotse - die Wolken sind unterhalb von 5800m ü.NN

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Sonnenuntergang über dem 8463m hohen Makalu, links im Hintergrund in 27km Entfernung. In Bildmitte der 7319m hohe Chamlang in kaum 10km Entfernung. Fotografiert in unmittelbarer Nähe vom Mera High Camp aus über 5800m Höhe.

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Nur noch am Gipfel des 8586m hohen Kanchenjunga ist Tag

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Nur noch am Gipfel des 8586m hohen Kanchenjunga ist Tag

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”Alpenglühen” über Nuptse, Everest und Lhotse

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Panorama zum Sonnenuntergang vom Makalu, Chamlang und Kanchenjunga, rechts die Rückseite des Felsens am High Camp

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Cho Oyu im Nordwesten vom Mera als würde er sagen wollen: “Ich halte mich aus allem raus!”

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Panorama zum Sonnenuntergang vom Makalu, Chamlang zum Kanchenjunga (hier schon ganz in der Dunkelheit versunken), Beweisfoto für meine Anwesenheit

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Sonnenuntergang am 130km im Osten entfernten Kanchenjunga

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Die “rote” Minute am Mount Everest beginnt

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Über den Wolken: Vollmond über dem 130km entfernten und dritthöchsten Berg der Erde, dem 8586m hohen Kanchenjunga. Die blaue Nacht steigt immer weiter nach oben.

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Kanchenjunga nach Sonnenuntergang in 130km Entfernung

Sichtlich sehr beeindruckt und ehrfürchtig verlasse ich die Szenerie, nur ich und mein Climbingguide waren hier noch in den letzten 15 Minuten. Im Anschluss geht es zurück in das High Camp. Wie nicht anders erwartet, gibt es wieder salzlos gekochte Spagetti mit Tomatensuppe als Bolognese-Ersatz zum Abendessen. Bis Morgen nach dem Sonnenaufgang, sprich die nächsten 13 Stunden, werde ich meinen Climbingguide nicht mehr zu Gesicht bekommen.

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Rechts hinter dem Zelt befindet sich die “nutzbare” Außentoilette zu meinem Zelt. Zutritt dazu ist nur über den defekten hinteren Eingang meines Zeltes möglich, da sich zwischen Zelt und Felswand noch Abspannleinen befinden.

Wie kalt wird es heute Nacht werden? Es ist windstill und wolkenloser Himmel, also warm und kalt zugleich. Da ich morgen früh zeitig zum Sonnenaufgang aufstehen will, werde ich heute Nacht über meinen Schatten springen und im Schlafsack bereits heute Abend die langen Liebestöter anziehen. Hoffentlich wird es mir da nicht zu warm im Schlafsack.

Wegen der 20° stabilen Seitenlage des Zeltes habe ich im Schlafsack immer das Gefühl, dass ich immer mehr den Abhang hinunterrutsche. Und mit solch einem Gefühl kann man unmöglich einschlafen. Auch die heutige Außentoilette ist gewöhnungsbedürftig. In der Dunkelheit würde es nur unter erschwerten Bedingungen möglich sein, mich zwischen dem Zelt bzw. der Villa meines Climbingguides und der Felswand durchzuquetschen. Also bleibt, wenn das Zelt im Innern geschäftsspezifisch sauber und trocken bleiben soll, nur das kleine Plateau hinter dem zweiten Zeltausgang dafür übrig. Wird schon irgendwie funktionieren.

Mit den langen Liebestötern wird es viel zu schnell zu warm im Schlafsack, sodass ich mich nach einer Stunde entschließe sie wieder auszuziehen. Es ist immer noch angenehm warm im Schlafsack und die oberen zehn Zentimeter des Reißverschlusses sind immer noch offen.

 

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