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Etwas zum Nachdenken Unseren Generationen ist es gegönnt, ohne wirklich große Gefahren in 48 Stunden theoretisch auf jedem Fleck auf der Erde zu sein. Wenn man sich einschränkt, dann geht dies auch bei bescheideneren finanziellen Verhältnissen, aber hier liegt das Problem: Wer will sich denn heute noch einschränken? Statt Prioritäten zu setzen, will man auf vielen Hochzeiten gleichzeitig tanzen. Eine Priorität meiner Urlaubsgestaltung sind Reisen in ferne Länder. Ich darf damit eine Chance nutzen, von der viele nur träumen können, weil sie Zuhause angebunden (beruflich, privat) sind oder es sein wollen, obwohl sie es gar nicht sind. Bei Diavorträgen zu meinen Reisen höre ich oft den Satz: “Jetzt habe ich das Land in Bildern mit persönlichen Eindrücken gesehen und brauche nicht mehr selber dorthin verreisen”, oft mit einem leicht nachdenklichen Unterton. Ich hoffe, dass ich solchen Personen, sofern sie Ähnliches beim Lesen meiner Reiseberichte empfinden, eine Freude machen kann. Gruppenreisen: Nein danke? "Zum Reisen gehört Geduld, Mut, guter Humor, Vergessenheit aller häuslichen Sorgen, und dass man sich durch widrige Zufälle, Schwierigkeiten, böses Wetter, schlechte Kost und dergleichen nicht niederschlagen lässt.” Adolf Freiherr v. Knigge Im Unterschied zu vielen anderen Homepages mit Reiseberichten sind meine Reiseberichte größtenteils das Ergebnis von Gruppenreisen, einer Gemeinschaft, wo man vor der Reise kaum einen kennt. Was ich dabei habe feststellen dürfen, hier kurz zusammengefasst:
In der Fremde hinterlasse nur Fußspuren und nimm nur Eindrücke mit! Genau diesen Wortlaut hat das Motto der DOC (“Department of Conservation”), der Nationalparkbehörde in Australien. Ich denke ein Satz, der alles sagt, wie man sich denn eigentlich in der Fremde verhalten sollte. Aber oft kommt es ganz anders. Man braucht sich nur nach einem Flug das Flugzeug anschauen, man erkennt sofort den Unterschied, wo wir Deutsche und wo z.B. ein Amerikaner gesessen ist. Der Amerikaner hat zwar 3-5 Mal soviel Müll, der liegt aber sauber sortiert herum. Bei den Deutschen denkt man oft, eine Bombe hat eingeschlagen. Führen wir uns Zuhause genauso auf, wie manch einer im Urlaub? Auch ich habe schon miterleben müssen, dass Mitreisende sich gegenseitig Witze erzählt haben, während unsere Gastgeber beim Abendessen ein gemeinsames Tischgebet in einem Methotisten-Gemeindesaal gesprochen haben. Wie sagte mal ein Universitätsprofessor, der neben mir im Flugzeug beim Heimflug von Afrika nach München saß auf meine Frage, ob er denn Zuhause den gleich großen Saustall habe (Anmerkung: Er verteilte Unmengen von Müll und Verpackungen rund um seinen Sitzplatz): “Die Stewardessen sind doch dazu da, um das wieder wegzuräumen”. Gerade diese Schizophrenie wird trefflich im Buch “Achtung Touristen” von Christian Adler beschrieben (Peter-Rump-Verlag, ISBN 3-922376-32-0). Der Autor hat einem Eingeborenen aus Neuguinea und einem Eskimo genau das Verhalten in Deutschland an den Tag legen lassen, wie wir es manchmal im Urlaub machen, mit interessanten Ergebnissen. Wenn man einmal patagonisches Klima erlebt hat, dann weiß man erst, dass wir in Mitteleuropa auf einer Insel der Glückseligen leben oder wie jemand zu mir sagte: “Ich habe jahrelang im Paradies gelebt und habe es nicht gemerkt.” Sind Urlaubsziele Freiluftzoos mit Mensch und Tier in freier Wildbahn? Manchmal könnte man meinen, dem ist wirklich so. Urplötzlich gibt es bei der Reise Beschwerden darüber, dass der zu fotografierende Arbeiter mit der Schaufel 1$ für ein Foto verlangt (der wäre ja dumm, wenn er es nicht machen würde). Dann wieder das Jammern, “der einheimische Junge will sich nicht mit mir fotografieren lassen”. Ein anderer: “Jetzt komme ich extra hierher und ich sehe keins von den Tieren”. Wenn man die Leute dann darüber aufklärt, dass die Populationsdichte je Quadratkilometer von Löwen im Krüger Nationalpark etwa nur 10% wie z.B. Füchse bei uns ausmacht und sie fragt, wie oft sie schon einen Fuchs gesehen haben, werden sie nachdenklich. Ich wohne auf dem Land und habe im Oktober 2004 erstmals in meinem Leben kleine Wildschwein-Frischlinge in freier Wildbahn zu Gesicht bekommen. Verreisen wir, um andere Länder und Sitten in Erfahrung zu bringen oder verfahren wir nach dem bayerischen Ausspruch: “Mir san mir” (und der Rest hat nach unsrer Pfeife zu tanzen). Gedanken darüber, warum wir eigentlich verreisen.
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