Tag 13: Nimpo Lake - Nature Trails Wilderness Lodge

In Nimpo Lake wird wohl der Höhepunkt der Kanadareise starten: Mit einem Wasserflugzeug wollen wir uns auf einer einsamen Lodge am Tetachuck Lake für einige Tage absetzen lassen, fernab jeglicher Zivilisation.

Nachdem wir uns im Mehrzweckgebäude von Nimpo Lake (Kirche, Versammlungsraum, Disco, Kaffee und Post in einem Raum) mit einer Tasse Cappuccino gestärkt haben, kann das Abenteuer beginnen, der 90 Minuten Flug vom Nimpo Lake zum Tetachuck Lake. Geflogen wird diese Route mit einmotorigen De Havilland DHC-2 Beaver Wasserflugzeugen. 5 Passagiere passen in das Flugzeug, dessen letztes Exemplar im Jahre 1965 gebaut wurde. Mit ihren 7 Zylinder Sternmotoren sind sie von der Lautstärke her die einzige ernstzunehmende Konkurrenz zur Antonov An-2. Der Flug heute wird also trotz “Micky Maus” sehr laut werden.

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De Havilland DHC-2 Beaver am “Hangar” in Nimpo Lake

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Landung der zweiten De Havilland DHC-2 Beaver auf dem Nimpo Lake

Da heute eine herrliche Fernsicht herrscht, haben wir uns für einen Umweg in der Flugroute in die Bergwelt der Ilgachuz Range entschlossen.

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Flug über den Tweedsmuir National Park, im Hintergrund die Coast Mountains

Aufgrund der vielen Kurven zwischen den Bergen kommt bei mir der leise Verdacht auf, mein Magen plant irgendwelche Dummheiten, der Inhalt will nach oben und nicht nach unten meinen Körper verlassen.

Soll ich mir die Blamage antun?

Da ich ganz hinten im Flugzeug sitze, genehmige ich mir einen Blick auf die anderen LeidensgenossInnen: keiner schaut mehr aus den Fenster, der Blick ist gerade nach vorne gerichtet. Meine Chancen stehen also gut, dass ich nicht der Erste bin, der die Tüte mit Inhalt füllen wird.

In unserem Flieger schaffen es alle bis zur Landung, auch wenn bei mir die Verhandlungen in dieser Angelegenheit zwischen Großhirn und Magen noch gut eine Stunde nach der Landung anhalten werden.

Nach fast 90 Minuten Flug verlässt der Pilot die Reiseflughöhe von 4800 Fuß (<=> 600m über Grund) und setzt zur Landung auf einem See, dem Tetachuck Lake, an.

Unsere Lodge wird doch nicht neben dem Waldbrand liegen, der nur wenig vom Ufer entfernt sein Unwesen treibt?

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Landeanflug auf den Tetachuck Lake

Er wird hier landen und das Feuer werden wir die nächsten Tage immer ansehen können.

Wir werden am Bootssteg schon von Allan und Judan erwartet, dem Betreiberpaar dieser Lodge in der Einsamkeit. Erbaut wurde sie von David Packard, einen der beiden Begründer des Computer-Konzerns von HP (Hewlett&Packard). Er nützte die Lodge als Rückzugsgebiet und zur Klausur seiner Manager.

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Bootssteg zum Haupthaus der Nature Trails Wilderness Lodge

Neben dem Haupthaus (Judans Küche und der Essensraum) gibt es noch die Packard Cabin (die ehemalige “Owner’s Suite”), sowie noch 3 Blockhütten für maximal 24 Gäste. Unser Pilot lädt auch noch Versorgungsgüter für die Lodge aus, bevor er wieder startet und uns alleine zurück lässt.

Das Flugzeug ist ein Versorgungsweg der Lodge, ein weiterer ist die weitläufige Seenlandschaft, aber bis zur nächsten Straße sind es mehr als 100km.

Den Nachmittag nutzen wir noch zum Erkunden der näheren Lodgeumgebung, bevor wir uns vor dem Lagerfeuer wider Erwarten mückenfrei auf das Abendessen vorbereiten. Wie es Köchin Judan schafft, hier täglich frische Kuchen zu backen und so vorzüglich zu kochen, Respekt! Auch sehen wir an der separaten Vorratshütte, was sich ein kanadischer Braunbär zu einem Vorhängeschloss an der zugehörigen Eingangstüre denkt: Er läßt es bei seinen nächtlichen Kontrollgängen unberührt und reißt lieber gleich den ganzen Türstock aus der Verankerung.

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Vollmond über den Tetachuck Lake

Tag 14: Nature Trails Wilderness Lodge

Ungestört von Bären können wir die 100m von der Blockhütte zum Haupthaus zurück legen. Geplant haben wir für heute eine Wanderung auf den Redfern Trail bis zum Cougar Point. Hin und zurück gut 8 Stunden.

Die ersten beiden Stunden führt der Fußpfad unweit des Ufers des Tetachuck Lake entlang in Richtung Westen zu den Redfern Rapids, den Stromschnellen zwischen dem Tetachuck und dem Eutsuk Lake. In der Landschaft sind, wie fast überall in British Columbia, sehr viele abgestorbene Bäume zu sehen. Es sind vom Borkenkäfer befallene Pinien (eine Kiefernart).

Da manch einer von uns noch nie in der “absoluten” Wildnis war, sind doch gewisse Ängste vorm schwarzen Mann äh braunen Bären vorhanden, sodass ich mich dem dauernden Geschnatter in der Gruppe über die Bären (aber auch Beeren) entlang der Strecke etwas entziehe indem ich mich am Ende aufhalte. Aufgrund der Lautstärke manch anderer denke ich mir, wenn wir heute einen Bären sehen, dann kann’s nur ein taubstummer Bär sein.

So vergeht die Wanderung ohne besondere Vorkommnisse bis wir zu einem vorgelagerten und erhöhten Felsen kommen. Anke sagt, da schnauft etwas und deutet auf einen Grizzly-Bären mit Nachwuchs, der kaum 200m von uns entfernt die Uferseiten des Verbindungsflusses zwischen den beiden Seen quert. Die Erleichterung in der Gruppe ist groß, dass der Bär doch so weit entfernt sei. Als ich aber darauf aufmerksam mache, wo denn die Bären hergekommen sind und von woher wir gekommen sind und wie weit unser Pfad vom Ufer weg war, entzieht es doch so manchem von uns die Gesichtsfarbe. Wir sind wahrscheinlich keine 20m am Bären vorbei und er hat sich nicht bemerkbar gemacht.

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Landschaft in der Nähe der Redfern Rapids, der Verbindung zwischen dem Tetachuck Lake und dem Eutsuk Lake

Aber es wollen alle doch wieder weiter bis zum Eutsuk Lake. Dort sind Kanus im Gebüsch versteckt, mit denen wir über den See einige Kilometer paddeln können bis wir zu einem Aussichtspunkt mit Blick auf die schneebedeckten Berge der Coast Mountains blicken können. Hier legen wir unsere Mittagsrast ein. Anschließend geht es wieder den gleichen Weg zurück zur Lodge, wo wir auch am späteren Nachmittag eintreffen.

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Weiter mit Kanus auf dem Eutsuk Lake

Was ist nun aber wirkliche Wildnis?

Die Gegend hier fernab jeder Zivilisation, aber in der Saison auf diesem Pfad fast täglich eine Wanderung oder der Cerro Chechen auf Feuerland, zwar keine 3 Kilometer von der Hautverbindungsstraße der Insel entfernt und kaum 900m hoch, aber nur alle 6 Wochen ein Eintrag ins Gipfelbuch?

Was hat sich Judan wieder für unser Abendessen einfallen lassen?

U.a. Soap-Berrys (Seifenbeeren), deren Verzehr für Lodgebetreiber Allan schlimmer als eine Steuererklärung ist. Im Mixer püriert haben sie mit ihrer rosa Farbe eine Ähnlichkeit mit so manchem Jogurt, obwohl sie geschmacklich nach unreifen Vogelbeeren schmecken. Auch sollte man beim Rülpsen vorsichtig sein, irgendwie schäumt es dann immer aus dem Mund.

Tag 15: Nature Trails Wilderness Lodge

Sehr früh endet heute die angebrochene Nacht, ein Teil der Gruppe will spätestens zum Sonnenaufgang am 5km entfernten Eagle Lake sein, um vom Kanu aus Elche beobachten zu können. Aber zwischen Wald und See ist das Schilf bzw. noch schlimmer, die Air Force im Dauereinsatz (Stechmücken). Ob’s bei mir weniger als 100 Treffer waren, kann ich schlecht beurteilen, die meisten waren am Hutrand, Stich an Stich vom linken zum rechten Ohr um den Hinterkopf herum, den Rest hatte mein altbewährtes australisches Mückenmittel verhindert.

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Sonnenaufgang am Eagle Lake

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“Moorlandschaft” bei Sonnenaufgang am Eagle Lake

So genießen wir zunächst den Sonnenaufgang am See in seiner Farbenpracht, von Elchen ist aber nichts zu sehen. Man hört zwar, dass die Biberbauten bewohnt sind, aber zu sehen gibt es keinen. Aber ein Weißkopfseeadler sitzt auf einem Baum in der Insel inmitten des Eagle Lake. Auch in der darauf folgenden Stunde finden wir keinen Elch, sodass wir wieder den Rückweg zum Frühstück an die Lodge antreten.

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Weißkopfseeadler

Nach einem gemütlichen Frühstück genieße ich zunächst etwas den Vormittag im Stuhl vor der Blockhütte, bevor ich mich mit Reiseleiterin Anke zu einer Kanutour auf dem Tetachuck Lake entschließe. Auch hier gibt es wieder einige Weißkopfseeadler zu sehen. Unwirklich wirken die abgestorbenen Bäume in einem riesigen Baumfriedhof inmitten des Sees.

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Baumfriedhof auf den Tetachuck Lake

Sollen wir mit den Kanu die gleiche Strecke wieder zurück oder sollen wir den Versuch wagen, die nächsten 200m gegen die sehr starke Strömung anzukämpfen, damit wir dann das Kanu fast ohne Paddelschläge bis zur Lodge treiben lassen können? Mehr als eine Stunde versuchen wir immer wieder gegen die Strömung anzukämpfen, schaffen es auch immer wieder bis auf die letzten beiden Meter, aber die Strömung ist hier einfach zu stark, sodass wir unverrichteter Dinge wieder den Rückzug antreten müssen.

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Tetachuck Lake

Wir hätten zwar an einer Stelle aussteigen und das Kanu 5 Meter schieben können, um die Strömung zu überwinden, aber das wäre gegen unseren Ehrgeiz gewesen. Gemütlich treten wir den Rückzug mit dem Kanu zur Lodge an.

Den Rest des Nachmittag nütze ich ausgiebig zum Faulenzen und zur Vorbereitung fürs Abendessen.

Tag 16: Nature Trails Wilderness Lodge - Nimpo Lake

Heute mittag wird uns das Beaver Wasserflugzeug wieder von der Lodge abholen und zurück nach Nimpo Lake fliegen.

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Morgenstimmung am Tetachuck Lake

Werden wir dann die Reise in Richtung Bella Coola fortsetzen können?

Ihr werdet es auf der nächsten Seite lesen können.

 

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