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Lhotse und Everest spiegelverkehrt im Fenster des Everestview Hotels

Tag 8: Namche Bazaar

Mit fast wolkenlosem Himmel begrüßt uns heute der Sonnenaufgang. Übernacht hat es hier auf fast 3500m deutlich abgekühlt, von Frost sind wir aber heute noch verschont geblieben.

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Blick auf Namche am frühen Morgen

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Blick von Namche in Richtung des Kongde 6086m

Für heute haben wir uns “nur” eine Bewegungswanderung rund um Namche Bazaar vorgenommen. Nach einem vorzüglichen Frühstück machen wir uns auf den Weg. Wir verlassen Namche auf den Weg nach Thame, biegen aber am Ende des Ortes nach Norden ab, auf den Weg zum Ort Syangboche. Der Weg führt zunächst im Zick-Zack steil nach oben, um anschließend gleichmäßig steigend sich fortzusetzen. Hier auf über 3500m werden noch Kartoffeln angebaut, die Felder dazu sind aber um diese Jahreszeit bereits abgeerntet.

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Kartoffelacker oberhalb von Namche Bazaar in Richtung Thame

Ist Syangboche erreicht, dann befindet man sich auf einer kleinen relativ ebenen Hochebene. In dieser ist auch eine Geröllpiste zu sehen, die noch vor einigen Jahren als Flugplatz benutzt wurde. Um gut betuchten Touristen die beschwerliche Anreise ab Lukla zu ersparen, wollte man diese mit Flugzeugen hier herfliegen, da sich nur gut 150m Höhenmeter oberhalb das Everest View Hotel befindet, ein Hotel an einem Bergsporn mit einem traumhaften Anblick auf den Everest und die umgebenden Berge.

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aufgelassene Landepiste von Syangboche auf 3720m

Da damals die meisten Touristen schon höhenkrank aus den Flugzeugen ausstiegen, wurde diese Idee wieder verworfen. Gelandet werden auf 3720m Höhe durfte nur mit Pilatus Porter PC-6-Flugzeugen, schweizerische eintriebige Turboprobmaschinen. Diese Flugzeuge werden auch in den Schweizer Alpen für Gletscherlandungen benützt. Wegen ihrer schier unglaublichen Steigleistungen werden PC-6 auch gerne als Absetzflugzeuge bei Fallschirmsprüngen benützt. Da aber in Nepal keine einzige “Turboporter” mehr eine Zulassung hat, darf mit Flugzeugen hier nicht mehr gelandet werden. Hubschrauber benützen aber die sehr gute Lage als Zwischenlandepunkt.

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Panorama auf dem Weg zum Everest View Hotel, rechts die Ama Dablam

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wolkenloser Gipfel des Mount Everest

Unser nächstes Ziel soll nun das Everest View Hotel sein, eine “Nobelherberge” für zahlungskräftiges Publikum. Zu dem an einem Bergsporn auf über 3800m ü.NN gelegenen Hotel führt ein gut ausgetretener Fußpfad. Das Panorama, welches sich uns schon auf den Weg dorthin bietet, ist einfach nur gigantisch. Mount Everest und Lhotse sind wie gestern ohne Wolken zu sehen und die von vielen als schönster Berg des Himalaya bezeichnete 6814m hohe Ama Dablam strahlt mit ihnen um die Wette. Von oben können wir heute schon einen Teil der morgigen Wegstrecke einsehen. Der morgige Weg verläuft gut 200m tiefer.

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Wenn ich aus dem Weg gehen würde, dann könnte man das komplette Panorama genießen!

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Blick von der Terrasse des Everestview-Hotel

Am Everest View Hotel angekommen lade ich meinen Guide Ganesh zu einem Tee im Hotel ein. Eine Tasse Tee kostet umgerechnet fast 5€, dafür bekommt man in den Lodges mehrere Mahlzeiten! Von der Terrasse mit Everestblick lässt sich die Aussicht genießen.

Gemütlich wandern wir weiter um den Bergsporn herum in Richtung des Ortes Khumjung. Khumjung ist der Nichttourismus-Hauptort in der Khumbu Region. Es gibt eine von Edmund Hillary gestiftete Schule und auch viele Eigentümer der weiter oberhalb betriebenen Lodges wohnen hier in den Sommermonaten. Viele Lodges ab Khumjung in Richtung Everest sind nur an Familien verpachtet. Die hier wohnende Sherpa-Bevölkerung ist groß gewachsen, das kleiner gewachsene Lodgepersonal stammt aber oft aus den tiefer gelegenen Gebieten.

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Khumjung

Khumjung wirkt so ganz anders im Vergleich zu Namche Bazaar. Es liegt relativ eben, vor den Häusern gibt es sehr oft bewirtschaftete Felder und die Häuser sind eher weitläufig aneinandergebaut. Auf einen Umweg über den Ort Khunde verzichten wir und nehmen den direkten Weg von Khumjung nach Namche Bazaar.

Keine Höhenangst sollte man dabei beim Abstieg oberhalb von Namche Bazaar haben, es geht hier sehr steil 300 Höhenmeter nach unten. Schon beim Start heute morgen hatte Ganesh mich darauf aufmerksam gemacht, dass wir heute den “Zeltplatz” wechseln müssen, also bin ich auf der Suche nach meinem knallgelben Zelt, was ja von hier oben relativ leicht zu bewerkstelligen sein müsste . Im oberen Bereich von Namche, genaugenommen im Vorort Choi Gang sehe ich drei gelbe Zelte. Wenn dort mein Zelt stehen würde, dann wären morgen mindestens 100 Höhenmeter weniger zu überwinden im Vergleich zum alten Standort.

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Blick von oben aus 3800m auf das 300m tiefer gelegene Namche Bazaar und das 1000m tiefer gelegene Tal des Bhote Kosi

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Zeltplatz vor dee Danfe Lodge in Choi Gang oberhalb von Namche Bazaar

Der Schein hat nicht getrübt, die heutige Übernachtung steht bei der Danfe Lodge im obersten Oberdorf von Namche an. Die beiden anderen Zelte gehören zu einer österreichischen 3-Mann-Gruppe. Auch sie wollen, wie ich später erfahre, fast auf identischen Weg zu mir die Khumburunde erwandern.

Nach der Quartiernahme gibt es wieder ein vorzügliches Mittagessen. Der Rest des Nachmittages ist zur freien Verfügung. Da ich bereits gestern in der Einkaufsmeile von Namche war, genieße ich das Faulenzen. Um 15 Uhr lädt Ganesh mich zu einem Besuch im unweit gelegenen Informationszentrum des Nationalparks ein. In diesem Informationszentrum wird viel über die Geschichte der Gegend und den interessanten Punkten in der Gegend ausgestellt. Von hinterhalb des Gebäudes hat man auch einen wunderschönen Ausblick auf Everest und Co, auch wenn sich für die nachmittägliche Tageszeit üblich die Wolken doch schon deutlich in der Überhand befinden. In entgegengesetzter Richtung blickt man auf den über 6000m hohen Khongde, auf einer sehr hoch gelegenen Hochalm vor dem Berg, genau genommen auf 4200m ü.NN, sieht man auch das neu erbaute Khongde Hotel.

Das Abendessen gibt es wieder in der Lodge, natürlich bestens von meiner Begleitmannschaft gekocht. In Namche gibt es auch eine “German Bakery” wo es einen vorzüglichen Apfelkuchen geben soll. Aber der von Ganesh selbstgemachte Apfelkuchen als Nachspeise dürfte mindestens genausogut schmecken, auch wenn er von der Menge viel zu viel ist. Ich schaffe nur 2 Stücke davon und möchte den Rest zum Frühstück essen. Aber wie durch ein Wunder ist am nächsten Morgen nur noch ein kleiner Anstandsbissen vorhanden. Wer es wohl gegessen hat, ich war es jedenfalls nicht. Aber ich gönne es den Übeltäter(n).

Mit den heutigen Lodgegästen ist die Gesprächsaufnahme wesentlich unkomplizierter, auch der nächtliche Diskussionsbedarf der Hundemeute hält sich in Grenzen, somit steht einer ruhigen Nacht kaum mehr etwas im Wege. Meine Sauerstoffsättigung liegt bei 94% und die Ruhepuls auf meinem normalen Wert, die Höhenanpassung ist also auf einem guten Weg.

Tagesdaten: Start: Namche Bazaar 3404m ü.NN - 7:45 Uhr, Ziel: Namche Bazaar (Choi Gang) 3520m ü.NN - 11:00 Uhr, ↑577m, ↓503m

Tag 9: Namche Bazaar - Dole

Vom Streckenprofil her gesehen, dürfte es heute einer der anstrengendsten Tage werden. Kurz nach 8 Uhr verlassen wir Namche Bazaar auf dem Wege nach Kyangjuma bzw. Tengboche. Der Weg verläuft außerhalb von Namche relativ eben auf einem breiten und ausgebauten Weg (dem einzigen weit und breit), es sind aber heute wahre Heerscharen unterwegs. Bei Sanasa teilt sich dann die Meute, die Everestfraktion geht rechts weiter in Richtung Phungi Tanka und Tengboche. Die Gokyofraktion, zu der ich mich auch zähle, biegt links ab.

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Weg von Namche Bazaar nach Sanasa

Kaum ist die Hauptroute verlassen, reduziert sich auch die Zahl der Wanderer sehr deutlich. Der Weg ist nun auch nur noch ein Trampelpfad. Von links kommen auch die Wanderer, die über Khumjung eintreffen, heran. Der Pfad wird nun immer aussetzter, nur manchmal sind die in den Fels gehauenen Steintreppen durch Geländer gesichert.

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Nepalesiche Steintreppe auf dem Weg zum Mong La

Es geht nun fast 400 Höhenmeter nach oben zum Mong La Pass. Nur mit welchem Tempo soll ich die Strecke in Angriff nehmen? Ganesh läuft eigentlich immer unmittelbar hinter mir, ich habe also kein Gefühl, ob ich zu schnell oder zu langsam unterwegs bin. Vor mir sehe ich eine Wandergruppe eines deutschen Trekkingreiseveranstalters laufen (der Assistenzguide am Schluss hat einen Rucksack mit der Aufschrift des Veranstalters).

Der erste Mann in der Schlange gibt ein sehr gleichmäßiges und betont langsames Tempo vor, ich beschließe für mich, dass ich mich diesem Tempo anpasse. Schmunzeln kann ich über Teilnehmer dieser Gruppe, die sich sehr unverholen über das Bummeltempo beschweren. Da doch manche der Gruppe keine Ahnung vom richtigen Laufen in einer Schlange haben, sie bleiben z.B. ohne Vorwarnung stehen oder schwenken mit ihren waffenartigen Trekkingstöcken in der Gegend herum, beschließe ich die Gruppe langsam zu überholen. Beim “Tempomacher” der Gruppe bedanke ich mich auf deutsch nochmals für das richtige Tempo an dieser Steilstelle und ernte vom Rest der Gruppe nur Unverständnis.

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Ama Dablam, rechts unten am Kamm der Ort Tengboche

Wie ein langer Hatsch zieht sich der Pfad bis nach Mong La hinauf. Für viele ist dieser Ort bereits das Ende der Tagesetappe. Wir wollen aber zunächst weiter nach Phortse Thanga zur Mittagsrast und anschließend weiter nach Dole.

Nach einer Trinkpause am Pass geht es nun wieder 350 Höhenmeter in Serpentinen steil abwärts nach Phortse Thanga. Aber anscheinend gibt es doch manche, die der Meinung sind, dass die Strecke hier einem Trailrunninggelände im wahrsten Sinne des Wortes entspricht. Im Eiltempo rasen sie den Weg hinab, Steine fliegen durch die Gegend und dies bedeutet auch, sie fliegen auch auf den weiter unten liegenden Weg und gefährden Unbeteiligte. Da ich hinter mir wieder solch einen Gedankenlosen rennen höre, beschließe ich für mich, dieser Person eindeutig mitzuteilen, dass dieses Verhalten hier grob fahrlässig ist. In seitlichen Ausfallschritten gehe ich betont langsam weiter, überholen kann er nicht mehr und er passt seine Geschwindigkeit an. Ob er mein laut gesprochenes “Na, geht doch” verstehen kann, weiß ich nicht, sein langsames Gehen nach diesem Wink mit dem Zaunpfahl hat aber anscheinend doch etwas bewirkt.

Es dauert nur gut 45 Minuten bis man von Mong La in Phortse Thanga eingetroffen ist. Die wenigen Gebäude liegen nur unweit des Dudh Koshi, der vom Hochtal von Gokyo herabfließt. Im Hintergehöft einer Lodge bauen die Träger und Ganesh die Küche auf, gekocht wird in einer kleinen Steinhütte, das Essen wird es dann auf den Stühlen der Lodge geben. 30 Minuten nach mir treffen auch meine österreichischen Zeltnachbarn von gestern ein, sodass einer deutschsprachigen Konversation bis zum Beginn des Mittagessens nichts mehr im Wege steht.

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Küchenhelfer beim Umfüllen des Kerosins in den Kocher

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Mit ca 30-35kg beladener Träger

Vom Eintreffen am Mittagsplatz bis zur Abreise nach Dole dauert es fast 2 Stunden, sodass es bereits 14 Uhr ist, bevor wir nach Dole weitergehen können. Dole selbst liegt 400m Höhenmeter über Phortse Thanga, der Weg verläuft aber meist im Rhododendronwald. Vor dem Abmarsch überprüft Ganesh bei den Trägern die Lasten und die Ladungssicherung, damit keiner unnötig viel tragen muss.

Der Weg nach Dole ist vernünftig befestigt, an einigen Stellen gibt es aber auch Wasserfurten zu durchqueren. Kaum 2 Stunden später treffen wir in der Ansiedlung Dole ein. Keinen Reim kann ich mir und viele andere Touristen auch aus dem Umstand machen, warum manche Träger manchmal einen Mundschutz tragen. Am Staub kann es nicht liegen, und sie gehen manchmal nur wenige hundert Meter mit Mundschutz.

Das Zelt in Dole bauen wir auf einer Wiese vor der Alpine Cottage Lodge auf, unweit der österreichischen Gruppe. Bei den Trägern dieser Gruppe fällt mir auf, dass viele von ihnen ein Basecap einer österreichischen Keksfirma tragen, sodass ich mir nicht die Frage an meine Zeltnachbarn verkneifen kann, ob sie denn von dieser Firma gesponsert sind oder anderweitig mit der Firma verbunden sind. Es stellt sich raus, dass einer von den drei ein hohes Tier bei der Firma ist und eine ganze Tasche mit Werbeartikel (Kekse) dabei hat.

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Ankunft in Dole

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Zeltplatz in Dole mit Blick auf Kangtega und Thamserku

Obwohl wir inzwischen über 4000m ü.NN sind, fühle ich mich bestens, kein Kopfweh, kein Unwohlsein, der Ruhepuls passt und die Sauerstoffsättigung ist voll in Ordnung. Da auch meine Zeltnachbarn ein Pulsoxymeter dabei haben, machen wir natürlich Vergleichsmessungen. Mein Gerät zeigt immer 3% weniger an als ihres und meine Sauerstoffsättigung liegt zwischen 10 und 20% über deren Werten, auch noch 10% über den Werten der Träger.

Hab ich da eine Möglichkeit gefunden, diese Geräte vernünftig und nachhaltig zu bescheißen?

Aber bei einem der drei Österreichen helfen auch keine Tricks, der Wert für die Sauerstoffsättigung bleibt unter 72%, für 4000m ü.NN eigentlich deutlich zu niedrig. Außer dass er sich schlapp fühlt, bemerkt er aber noch keine Akklimatisationsprobleme.

Da er erzählt, dass er nächstes Jahr den Cho Oyu, einen Achttausender am Ende des Gokyo-Hochtals in der Nähe erklimmen will, verkneife ich es mir ihn mitzuteilen, dass ein Abstieg nach unten jetzt schon ratsam wäre.

Die Lodge selbst ist nur gut halb gefüllt, am späteren Abend versammeln sich aber alle um den Ofen in der Mitte des Aufenthaltsraums. Diese Öfen sind überall in der Khumburegion mehr oder weniger identisch, es muss ja alles von Hand oder mit Tieren nach oben transportiert werden.

In der Ferne hört man den Abgang von 2 Lawinen am Kangtega. Es sind sicherlich fast 1000 Höhenmeter, welche die Schnee- und Eismassen zurücklegen, bis sie ihr Ende erreichen.

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Blick auf Kangtega und Thamserku

Bellende Hunde sind heute in der Nacht nicht zu erwarten, aber Dzos, eine Kreuzung aus Rind und Yak, als Wache auf der Wiese vor meinem Zelt. Und da ich, wie an den vorhergegangenen Tagen auch, wieder reichlich Flüssigkeit antialkoholischer Art zu mir genommen habe, sind natürlich auch nächtliche Entleerungsspaziergänge von Nöten.

Tagesdaten: Start: Namche Bazaar (Choi Gang) 3520m ü.NN - 8:05 Uhr, Ziel: Dole 4044m ü.NN - 15:40 Uhr, ↑1119m, ↓597m

 

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