Tag 1 und 2: Deutschland - Punta Arenas (Chile)

Zwei Jahre Wartezeit haben nun endlich ein Ende, heute soll es losgehen nach Südamerika. Aber zuvor steht noch die Anreise zum Flughafen Frankfurt an. Im Reisepreis war zwar auch ein Rail&Fly Ticket enthalten, aber mit der Autoanreise dauert es nur gut 2 Stunden von mir Zuhause aus und nicht die 3h ICE ab Nürnberg mit einer zusätzlichen einstündigen Voranreise. Und meine Nichten wollen ja schließlich auch mal den Frankfurter Flughafen zu Gesicht bekommen, wenn mich meine Schwester dort hinbringt.

Nach reibungsloser Anfahrt und Einchecken des Gepäcks (sogar bis Punta Arenas durch, wie ich zunächst annehme) hebt der Airbus 340-200 der LAN Chile pünktlich kurz vor 20 Uhr vom Frankfurter Flughafen ab.

Die erste Flugetappe geht zunächst nach Madrid zum Auffüllen des restlichen Flugzeugs mit Passagieren und Treibstoff. Dann aber steht der längste Linienflug ohne Landung auf der Welt an. In nicht ganz 14 Stunden fliegt man Nonstop ins 11.000km entfernte Santiago de Chile. Einige der Reiseteilnehmer habe ich schon in Frankfurt getroffen, die meisten anderen stoßen in Madrid zur Truppe. Nach dem ersten “Beschnuppern” aller, sollte einer homogenen Gruppe nichts mehr im Wege stehen, eine Annahme die sich in den nächsten Wochen nur positiv bemerkbar machen sollte.

Der lange (Nacht-)Flug vergeht fast wie im Schlaf, ich komme nicht einmal zum Fernsehschauen am eigenen Bildschirm. Wären nicht die bescheuert angebrachten Schwimmwesten gewesen, man hätte sogar noch beide Füße ausstrecken können. So schläft immer ein Fuß vorm Rest des Kerls ein.

Gegen 9 Uhr morgens (Zeitverschiebung von 4 Stunden) kommen wir in Santiago an. Aber zum Erstaunen aller fährt die Maschine nicht zum Terminal, sondern bleibt auf einem seitlichen Vorfeld einfach stehen. Da anscheinend auch das Bodenpersonal nicht darauf eingestellt ist, reichen die 2 zur Verfügung stehenden Kleinbusse nicht aus, die Fluggäste schnell zur Einreise zu bringen.

So vergeht fast eine Stunde, bis wir uns in die Schlange an der Einreise einreihen dürfen. Nach gut 30 Minuten Wartezeit dort haben wir den Einreisestempel für Chile.

Aber es ist schon 11.15 Uhr und der Anschlussflug ging offiziell um 11 Uhr weg und unser Gepäck müssen wir doch wieder am Inlandsflugschalter einchecken.

Der etwas überforderte Mann am Check-In checkt mich noch auf den alten Flieger ein, obwohl ich ihn darauf aufmerksam mache, dass die Maschine nach Punta Arenas schon mehr als eine halbe Stunde weg sein müsste. Sein Kommentar: “Die Maschine erreichen sie noch!”

Meine Antwort: “Frühestens in Temuco und dann bräuchte ich noch eine Concorde!”. Aber mein Gepäck ist schon weg, geht ja schon schön los die Reise. Psychologisch habe ich mich schon für einige Tage von meinem Gepäck verabschiedet (gerade beim allseits bekannten südamerikanischen Organisationstalent).

Der 4 Stunden lange Inlandsflug (ich hab noch, wie gut die Hälfte von unserer Gruppe, einen Platz auf der nächsten Maschine erhalten) mit der Lan Chile, mit einer Zwischenlandung in Puerto Montt, verläuft problemlos. Auch zeigt sich das chilenische Inlandseisfeld oft ohne Wolken. Dass wir aus der Luft die Torres und das Fitz-Roy-Massiv verwechseln, ist wohl selbstverständlich.

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Punta Arenas, Blick auf Feuerland

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geografischer “Mittelpunkt” Chiles

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Fuerte Bulnes

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Punta Arenas, Friedhof Grabstein der “Deutschen Krankenkasse”

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Punta Arenas, Gräber auf dem Friedhof

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Seno Otway, Magellanpinguine

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Seno Otway, Magellanpinguine

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Straße nach Puerto Natales, altersschwacher Kondor

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Straße nach Puerto Natales, altersschwacher Kondor

Und bei der Auswahl der zur Verfügung stehenden Gletscher, ordnen wir das blaue Wunder Argentiniens, den Perito Moreno Gletscher, sicherlich der Falschen von gut einem Dutzend Gletscherzungen zu.

Entgegen aller chilenischer Logik bekomme ich doch mein Gepäck in Punta Arenas am Flughafen, aber einige unserer Truppe, die noch die erste Maschine erwischt hatten, stehen nun schon die zweite Maschine ohne Gepäck da. Aber das hat sich auch noch am gleichen Tag erledigt.

So steht nun nichts mehr der Begrüßung durch unsere Reiseleiter Petra und Frank (wie der Reiseveranstalter auch aus Schwaben) im Wege.

Anhand meines Namens mutiere ich schnell vom 80jährigen Opa (wie vermutet) zum Nesthäkchen der Truppe mit 34 Jahren (“Namen machen Leute”). Anschließend erhalten wir ein uns bis jetzt unbekanntes Getränk, einen Pisco (chilenisches Nationalgetränk).

Auch sehen wir nun den “Cruzero del Sur”, unseren Mercedes Benz 1117A, erstmals in wahrer Größe. Als Ladepritsche ist mit schwäbischer Gründlichkeit ein Expeditionskoffer aufgebaut, wo 12 Personen reichlich Platz finden. Zum Fahrerhaus gibt es einen großen Durchbruch, und hinten im Fahrzeug ist das Schlafzimmer der beiden Reiseleiter, die Küche und der Gepäckraum. Ein Aufbau, der auch von der Durchdachtheit her beeindruckt.

Vom Flughafen aus geht es gleich zur Magellanstraße, benannt nach dem gleichnamigen Seefahrer des 16.Jahrhunderts, der hier eine Durchfahrt zum Stillen Ozean (“Pazifik”) gefunden hatte, die er eigentlich am Rio de la Plata bei Buenos Aires vermutet hatte.

Makabererweise fand er die Durchfahrt an einem von ganz wenigen windstillen Tagen dort, normal müsste der Pazifik “stürmender Ozean” heißen. Bis zur Eröffnung des Panamakanals war dies die Hauptschifffahrtsroute nach Asien.

Von diesem Aussichtspunkt können wir einen Blick auf Feuerland (“Tierra del Fuego”) werfen, das seinen Namen von den nachts brennenden Feuern der Indianer bei der Durchfahrt Magellans erhalten hatte.

Die heutige Übernachtung findet noch in einem Hotel statt. Gewöhnen müssen wir uns an den Sonnenuntergang im Süden Amerikas. Vor 11 Uhr abends passiert hier nichts, und um 4.30 Uhr am Morgen ist alles schon wieder taghell.

Tag 3: Punta Arenas

Punta Arenas selbst hat mehr als 100.000 Einwohner. Heute wollen wir zunächst nach dem Süden fahren, vorbei an den südlichsten Skigebieten der Welt zunächst zum geografischen Mittelpunkt von Chile (wenn man den beanspruchten Anteil der Antarktis dazurechnet).

Von dort aus ist es nicht mehr weit nach Puerto de Hambre, den “Hafen des Hungers”. Bereits 1584 wollten hier die ersten Siedler eine Heimat finden, von den in Spanien zuvor gestarteten 3000 Personen, lebten nach drei Jahren nur noch 3, der Rest war tot und/oder verhungert.

Weiter geht die Reise nach Fuerte Bulnes, der ersten wirklichen Ansiedlung dort unten. Diese wurde nun wieder aufgebaut als Freilichtmuseum. Erst viel später gründet man Punta Arenas ca. 50km nördlich. Die Szenerie hier erinnert ein wenig an die Ostküste der USA, einzig die schneebedeckten Berge in der Ferne verfälschen das Bild.

Wieder in Punta Arenas angekommen, gibt es wohl einen der faszinierenden Friedhöfe der Welt zu sehen, dem von Punta Arenas. Hier haben sich einige Familien wirklich verewigt. Richtig faszinierend ist ein Grabstein der “Deutschen Krankenkasse” (siehe Bild links) von 1918, hat man wohl damals schon das deutsche Gesundheitssystem zu Grabe getragen?

Tag 4: Punta Arenas - Puerto Natales

Die zweite Nacht in Chile ist gut verbracht, nun kann die Reise richtig beginnen. So verlassen wir nun Punta Arenas in Richtung Norden. In der Nähe des Flughafens biegen wir links von der Asphaltstraße ab, wir wollen uns die Magellanpinguine an der Seno Otway anschauen. Die Fahrtstrecke auf der unbefestigten Piste vermittelt uns einen ersten Eindruck für die Straßenverhältnisse der nächsten Wochen.

Vorbei an einer großen Kohle-Tagebaumine (Mina Peckett) erreichen wir die Pinguinkolonie, ohne vorher die ersten Nandus (den “südamerikanischen Strauß”) und in der Luft kreisende Kondore zu sehen. Gut 3000 bis zu 60cm groß werdende Pinguine sollen in der Kolonie sein. Mit ihrem “Frack” haben sie schon einen etwas vornehmen Charakter.

Für die Gegend ungewöhnlich ist es heute auch noch fast windstill und zu allem Überfluss sind in der Ferne wieder die schneebedeckten Berge der Küstenkordillere zu sehen.

Die gleichen 27km geht es wieder zurück nach Punta Arenas, von wo es dann weiter auf der Hauptstraße nach Puerto Natales am Seno Ultima Esperanza (“Bucht der letzten Hoffnung”) geht. Zwischendurch machen wir Halt an einem kleinen Ort, wo ein alter Mann einen altersschwachen Kondor aufgepäppelt hat und diesen den Touristen zeigt.

Auch sehen wir neben der Straße die ersten Difunta Correas, die südamerikanische Art von “Marterln” (was es genau damit auf sich hat, könnt Ihr hier unter Difunta Correa meiner Andenreise nachlesen). Um den Bildstock sind sehr viele gefüllte Getränkeflaschen aufgestellt, als Zeichen der Dankbarkeit.

Am späten Nachmittag erreichen wir Puerto Natales, wo wir am Seno schon die ersten Schwarzhalsschwäne zu Gesicht bekommen.

Bei einem Rundgang durch die Kleinstadt bekommt man auch einen Einblick in das Adventsgeschehen im Süden Chiles. Vom Kirchturm hört man keine Kirchenglocken (obwohl welche zu sehen sind) sondern Weihnachtslieder über Megafone, eine sehr interessante Geräuschkulisse.

 

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