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Flug über die Anden bei Santiago de Chile

Tag 33: La Paz - Putre (Chile)

Heute heißt es Abschied nehmen von der Metropole Boliviens, denn unsere Reise geht weiter, langsam dem Ziel entgegen in Richtung Westen. Über den Lauca Nationalpark wollen wir ins chilenische Putre gelangen.

Zunächst müssen wir aber in La Paz wieder den Berg hinauf. Die Strecke führt im Hochland zunächst zurück in Richtung Süden nach Oruro, bevor sie westwärts zur chilenischen Grenze abzweigt.

Zwischendurch genehmigen wir uns einen Halt an einer alten Begräbnisstätte der Aimara, einer großen Bevölkerungsgruppe hier in Bolivien. Sie haben Ihre Toten in z.T. offenen Grabhäusern bestattet. Dass sich hier natürlich viele Grabräuber bedienen, versteht sich fast von selbst.

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Aimarabegräbnisstätte

Zur Grenze nach Chile hin steigt die Straße immer mehr in die Höhe, neben der Straße ist auch schon Neuschnee zu erkennen. Vor der Grenze ist auch die überaus ärmliche Kaserne der bolivianischen Armee zu sehen. In kalten Rundhütten hausen hier die 30 Soldaten, die eigentlich die Grenze zum benachbarten Chile bewachen und sichern sollten. Kein Vergleich zur 600 Mann Hightech-Kaserne auf der chilenischen Seite.

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Spielende Kinder im Grenzgebiet Bolivien Chile auf über 4500m ü.NN

An der Grenze angekommen, haben wir auch mit 4700m den höchsten Punkt unserer Reise erreicht. Die Ausreise aus Bolivien verläuft für uns lebendes Inventar problemlos, nur mit dem LKW und den zugehörigen Zollpapieren hat so ziemlich jeder Zollbeamte in Bolivien andere Ansichten und/oder Gebührensätze.

Da die Wolken sehr tief hängen ist vom höchsten Berg Boliviens, dem Vulkan Sajama mit 6540m nur das “Unterteil” zu sehen, man erkennt aber schon deutliche Neuschneetendenzen.

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Vulkan Sajama 6540m in den Wolken

In Chile angekommen setzt sich diese Szenerie fort. Konnte ich bei meinem Aufenthalt vor 2 Jahren die beiden Vulkane des Lauca Nationalparks, den Vulkan Parinacota und Pomerabe noch bei blauem Himmel und fast ohne Wolken sehen, so besteht heute keine Chance, den Pomerabe überhaupt und den Parinacota bis zu seiner Spitze einsehen zu können.

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Die Doppelvulkane des Lauca: links Parinacota 6330m und rechts Pomerabe 6240m

Dafür reicht der Neuschnee bis zu seinem Fuß am höchstgelegen See der Welt, dem 4570m hoch gelegenen Lago Chungara.

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Lauca Nationalpark (Chile) - Lago Chungara 4570m und Vulkan Parinacota

Am Ufer des Lago Chungara werden wir auch eine kleine Wanderung unternehmen. Aufgrund der Höhenanpassung der letzten beiden Wochen gibt es diesmal keine Probleme mit der dünnen Luft. Da auch noch ein kalter Wind pfeift, empfiehlt es sich nicht, am Lauca eine längere Pause einzulegen, eigentlich schade. Den Lauca NP bei blauem Himmel zu sehen, dies kann jeder, ihn aber bei Neuschnee zu sehen, ist nicht jedem vergönnt.

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Lauca Nationalpark (Chile) - Vicuñas

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Lauca Nationalpark (Chile) - Vicuñas

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Lauca Nationalpark (Chile) - Vicuñas

Einen kleinen Zwischenstopp legen wir noch bei der aus dem Jahre 2003 bekannten Vicacha-Kolonie ein. Vicachas sind fast eine Kreuzung aus Meerschweinchen und Chinchilla. Dabei muss ich einigen aus der Gruppe auch noch zeigen, wo man den schönsten Ausblick auf die niedlichen Tiere hat.

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Lauca Nationalpark (Chile) - Viscacha

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Lauca Nationalpark (Chile) - Viscacha

Noch rechtzeitig vor der Dunkelheit kommen wir in der 3500m hoch gelegenen Ort Putre an, wo wir heute nächtigen werden. Es sind zwar nur noch gut 110km bis zu unserem Ziel in Arica, aber doch noch 3500 Höhenmeter.

Am heutigen Abend sind meine Schluckbeschwerden so schlimm, dass ich zwar den Wein zum Essen noch irgendwie runterbringe, das Essen jedoch nur noch mit viel Einfallsreichtum, aber für das kalte Fanta finde ich keine Möglichkeit sie runterschlucken zu können.

Dass es beim Weg zu meiner Hütte bereits zum Schneien beginnt, nehme ich heute noch als Zugeständnis an die Höhe hier an und nicht als dass, was es wirklich ist oder werden wird.

Tag 34: Putre - Arica

Denn wirklich werden es übernacht 15cm Neuschnee in Putre, ein sehr seltenes Ereignis. Von der ganzen Sache noch unbedarft genehmigen wir uns unser Frühstück. Erst beim Laden des Fahrzeugs wird die Sache heikel, denn eine Polizeistreife kommt zu unserem Fahrzeug. Sie teilen uns mit, dass wegen der Schneefälle auf der Passstraße akute Erdrutschgefahr besteht und die Passstraße sowohl nach oben in Richtung Bolivien als auch nach unten in Richtung Arica gesperrt ist. Und dies auf unbestimmte Zeit.

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Neuschnee in Putre

Müssen wir nun unsere Reise unfreiwillig hier in Putre verlängern? Unter der Meute werden schon die kühnsten Krisenpläne geschmiedet. Es geht nicht soweit, dass wir auswürfeln, wer nach dem Ende der Essenvorräte als Erster verspeist wird, ein Schock ist es doch allemal.

Aber nach einigen Stunden klärt sich die Situation insoweit auf, dass die Fahrt talwärts wieder erlaubt wird, zur Grenze hin wird sie versperrt bleiben. So können wir uns mit reichlicher Verspätung auf den Weg nach Arica machen.

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Blick auf Putre im Schneemantel

In Arica angekommen fahren wir zunächst zum El Morro, dem “heiligen Hügel” der Chilenen, wo sie im Salpeterkrieg die Bolivianer vertrieben und den heutigen Norden Chiles einverleibt haben. Lange hat man sich darum gestritten, in welche Richtung die Christusstatue auf dem Morro schauen soll, Richtung Meer (wie jetzt) oder Richtung Dreiländereck Peru-Bolivien-Chile.

Den späteren Nachmittag hätten wir zwar zu einer Fahrt an die Südküste von Arica zu den Guano-Felsen der Vögel nutzen wollen, die fortgeschrittene Zeit und die Motivationsfähigkeit von Unsereinen stellt sich aber diesem Ansinnen in den Weg.

So können wir in aller Ruhe unser Gepäck und die während der Reise erbeuteten Errungenschaften auf die dafür benötigten Gepäckstücke verteilen. Am Abend heißt es dann auf zum Abschiedsessen.

Tag 35, 36: Arica - Deutschland

Bereits sehr früh dürfen wir heute starten, denn es steht eine sehr lange Reise vor uns. Nach der Verabschiedung von unseren ans Herz gewachsenen Reiseleiterpaar Nervin und Marc starten wir um 7:30 zum Flug mit der LAN (Chile) über Iquique und Antofagasta nach Santiago de Chile.

Hier werden wir wieder auf die VARIG wechseln (und ich von Touristen- in Businessklasse). Dass die VARIG mal wieder mit einer saftigen Verspätung glänzt, ist ja schon fast Normalität. Die Zeit lässt sich aber problemlos in der Lounge mit einigen Mitreisenden vertreiben und die zur Verfügung gestellte MD11 hat die Star Alliance Bemalung. Bei herrlichem Sonnenschein lässt sich das wolkenlose Andenpanorama genießen.

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Ein weiterer Flugzeugwechsel steht in Sao Paulo zum Weiterflug nach Frankfurt an. Da während unserer Reise ein Paar aus unserer Gruppe auf Businessklasse umgebucht haben, wird es anscheinend etwas eng im Flugzeug. Zunächst bin ich noch verdutzt als das hübsche Mädel von der Bodenabfertigung der VARIG meinen Namen in fast akzentfreier Aussprache (ob ich das so gut auf Hochdeutsch kann?) durchs Mikrofon ruft, aber was macht man nicht alles für einen schönen Anblick. Das sie mir aber einen Platz in Reihe 1 im Flugzeug anbietet, dieses Angebot kann ich ihr einfach nicht ausschlagen. Dass Ganze geht einher mit einem kostenlosen Upgrade von der Businessklasse in First-Class.

Und bei VARIG und einer Boeing 777 hat dies zur Folge: 2m waagrechtes Bett mit unendlichen Einstellmöglichkeiten, kein funktionierendes Bordprogramm wie in den anderen Klassen, besseres Essen wie weiter hinten, ... . Gerade dieses 2m Bett hat auch zur Lösung meiner Schluckprobleme beigetragen.

Irgendwie schaffe ich in meinem Bett, dass der Kopf nach unten hängt. Als ich zwischendurch einmal aufwache, muss ich feststellen, dass sich in meiner Kieferhöhle ein Klumpen löst und keine 10 Minuten später sind die Beschwerden zu 100% verschwunden.

Und ich habe mir tagelang unzählige Vorschläge anhören dürfen, wie ich mein “Leiden” verbessern könnte, anscheinend hat dieser Klumpen “nur” den Nerv abgedrückt. Mit innerlicher Genugtuung kann ich die Reise fortsetzen. Dafür gestaltet sich das Ende der Reise für mich in einer nicht geplanten Art und Weise. Oder wie Eingangs erwähnt, warum die Passagierzahlen der Lufthansa nicht um den geplanten Wert 2 erhöht wurde.

Als ich in Frankfurt mit meiner bereits in Santiago erhaltenen und mit Sitzplatz und Abfluggate versehenen Bordkarte am vermeintlichen Gate ankomme, steht dort: "Flug nach Nürnberg annulliert", aber warum gibt es dann überhaupt eine Bordkarte? Nach Rückfrage am Check-in bei der Lufthansa die lapidare Antwort: "Heute bekommen Sie sowieso keinen Flug mehr, wir brauchen die Flieger für die IAA! Holen Sie Ihr Gepäck in der Gepäckausgabe am Band XY ab und fahren sie mit dem Zug nach Hause, mit dem Ticket brauchen Sie bei der Bahn nicht bezahlen". Was natürlich wieder keiner gesagt hat: Nochmals 3 Stunden in Frankfurt auf das Gepäck warten (obwohl mir die Gepäckausgabe schon nach 30 Minuten sagen konnte, dass es in Frankfurt aus der Maschine ausgeladen wurde) und im Intercity-Zug gibt es nur noch Stehplätze. Und das die Bahn fast 1h Verspätung hat erzählt einem auch keiner.

Was bleibt nach 5 Wochen Brasilien und Bolivien rückblickend hängen?

  • Dass man es schaffen kann, diese Zeit innerhalb einer Gruppe ganz ohne Reibereien durchzuhalten. Ein Dank an alle, die mich in dieser Zeit ertragen haben.
  • Den Artenreichtum und die Vielfalt im Pantanal.
  • Wenn doch nur die Gesellschaft in Bolivien so grandios wie ihre Landschaften wäre!
  • Die Wassermassen rund um Itaipu und Iguazu.
  • Dass ich wieder einmal habe feststellen dürfen, dass wir hier in Deutschland klimatisch gesehen auf der Insel der Glückseligen leben dürfen (und viele es gar nicht bemerken).
  • Und vieles vieles mehr, aber das behalte ich für mich (und den Rest habt Ihr ja gerade gelesen).

 

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