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Strand von Canoa Quebrada (Panoramaaufnahme)

Tag 20: Baia Formosa - Canoa Quebrada

Ein wunderschönes, vom Massentourismus noch nicht vereinnahmtes Kleinod müssen wir heute wieder verlassen. Respekt an Kondor-Tours, wie der Reiseveranstalter so etwas nur findet, in den meisten Reisebüchern wird Baia Formosa überhaupt nicht erwähnt.

Aber man kann nur Neues erleben, wenn man Bekanntes verlässt. In Richtung Nordwest (nach Norden lässt das Wasser des Atlantiks keine Straßen zu) an der Bundeshauptstadt Natal vorbei starten wir unsere Fahrt zum Badeort Canoa Quebrada im benachbarten Bundesstaat Ceara, eines der Armenhäuser von Brasilien.

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Die komplette Bananenstaude kosten umgerechnet 2€ !

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Meeresfrüchteverkäufer

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1PS-LKW im Nordosten Brasiliens

Was bei uns der Ostfriese, in Österreich der Burgenländer, in der Schweiz der Berner und in Australien der Queensländer ist, als solches gilt in Brasilien nach Ansicht der Bewohner von Rio und Sao Paulo die Cearaner (Bewohner von Ceara) und Paraiber (Bewohner von Paraiba), nämlich Gebiete auf die im Volksmund das Zitat frei nach von Otto von Bismarck gilt: “Und wenn die Welt untergehen sollte, dann ziehe ich vorher nach Mecklenburg-Vorpommern, denn dort sind sie immer 50 Jahre später dran.“

Auf dem Weg nach Norden klettert das Thermometer immer höher. Auch die Landschaften in Küstennähe verändern sich, sie werden trockener und wüstenhafter, Gegenden mit oft lang anhaltenden Dürren kommen zum Vorschein, wir sind mitten im Sertao angekommen.

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Autotransporter durch den Sertao im Nordosten

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Das bisschen Haushalt - Männerwirtschaft nach dem Abspülen

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Ländliches Anwesen im Sertao

Aus den bisher vorherrschenden Zuckerrohrfeldern und Kokospalmenbeständen werden nun Cashewnuss-Plantagen.

Und auch die Straßen werden anders, gerade in Ceara haben die Straßen so ihre eigene Auffassung von Aussehen und Erhaltungszustand. Ganze LKW-Kolonnen fahren Slalom auf den verbleibenden Teerresten. Schaut man sich die (verbliebene) Straßendecke genauer an, dann sieht man den Grund: Auf den Versuch, den Boden einigermaßen zu planieren, scheiterte oft das Wagnis, mit 5-7cm Asphalt oder Teer eine dauerhafte Straße zu erhalten.

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Straßenbelag im Wabenmuster in Cerea

Man kann sich hier sogar die sonst allgegenwärtigen Lombadas sparen, denn ein 10cm tiefes Schlagloch pro Minute übersieht man immer. Lombadas, nicht verwandt mit dem Lambada-Tanz, ist die brasilianische Variante des deutschen „Tempo-30-Zonen“-Bollers, die 20cm hohen über die ganze Straßenbreite verlaufenden halbzylinderförmigen Boller werden auch (berechtigterweise) „Achsenbrecher“ genannt. Solch einem Lombada übersieht man nur einmal, denn beim Überfahren solch eines Lombadas mit mehr als Schrittgeschwindigkeit mutiert jedes Vierrad schnell zum Zweirad, oder der 3-Achser-LKW zum 2-Achser.

Kaum die Hauptstraße verlassen, erleben wir heute die erste Straßenkontrolle der Policia Militar. Laut Reiseleiter Ralph stehen sie an dieser Stelle jedes Mal und verlangen eine beglaubigte Übersetzung des Internationalen Führerscheins ins Portugiesische. Diese Beglaubigung kann man sich aber nur im mehrere tausend Kilometer entfernten Rio oder Sao Paulo abholen und dann auch nur mit wahren Bergen an Antragsformularen. Brasilianische Staatsverwaltungen streiten sich mit denen aus Indien und Ägypten um den Titel des ineffizientesten Beamtenstaates.

Aber auch solche Unterbrechungen können uns nicht davon abhalten, dass wir am späteren Nachmittag im Badeort Canoa Quebrada am Atlantischen Ozean ankommen. Canoa Quebrada, wörtlich übersetzt das „zertrümmerte Kanu“ wurde bekannt als ein aus einem Fischerdorf entstandenen Hippie- und Flower-Power -Ort der 1970-er.

Als in den 80-er Jahren die Straße dorthin gebaut wurde (Anmerkung vom Verfasser: “Ich kann gar nicht glauben, dass die Straßen dorthin noch so jung sind.“) interessierte sich auch der Jetset für den Ort. So ist der heute ein bekannter Ferienort in Brasilien mit eigener Partymeile und meist brasilianischen Besuchern. Die Beschaulichkeit der vorhergehenden Tage in Baia Formosa ist endgültig in der Vergangenheit angelangt.

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Hotel in Canoa Quebrada

Abendessen gibt es heute im besten Restaurant der Reise in der Fußgängerzone von Canoa Quebrada.

Tag 21: Canoa Quebrada

Der heutige Tag steht im Zeichen eines ausgedehnten Strandspazierganges entlang der Vielfarbenküste von Canoa Quebrada. Hier darf natürlich auch ein Badegang nicht fehlen. Die Farben der Felsen sind schon überwältigend, vom Weiß bis zum grellen Rot sind alle Farbtöne dabei und direkt daneben haben 100m hohe zu Dünen mutierte Sandfelsen ihren Auslauf am Strand. Am Wasser ankern die Jangadas, die brasilianische Form der Fischerboote aus Balsaholz mit einem segelbespannten Masten im vorderen Drittel des Bootes und mit Hartholz verkeilt.

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Strandwanderung - Spiegelungen im Sand

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Jangadas am Strand von Canoa Quebrada

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Spielende einheimische Kinder am Strand

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Farbige Felsen

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Farbige Felsen

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Farbige Felsen

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Farbige Felsen

Trotz genügend Sonnencreme wollen meine Waden nicht auf einen rotfarbenen Teint in der Farbgebung verzichten. Bei Ebbe (sprich bei abnehmendem Wasserstand) lässt es sich wunderschön barfuß am Strand die vielen Kilometer laufen. Nur die letzten 100m zum Ziel an einer Pousada, wo wir Mittagsrast machen wollen, werden eine heiße Angelegenheit. Es gilt die 100m auf Sand zurückzulegen. Dies wäre zunächst mal noch kein Problem, aber ich entschließe mich die Strecke barfuß zurückzulegen. Auch das wäre noch kein Problem, aber Sand ist heiß, verdammt heiß und der Temperaturfühler in meinen Fußsohlen ist verdammt träge. Irgendwie habe ich nach der Hälfte das Gefühl, gleich riecht es nach verbranntem Fleisch (auf der Fußsohle).

Was tun? Stehen bleiben und Tevas anziehen geht nicht, denn dann gibt’s endgültig Schmorfleisch an den Füßen. Nachdenken hilft auch nicht, die Füße sind jetzt schon verdammt warm. Also heißt es „Arschbacken zusammenzwicken“ und so schnell wie möglich das selbstverschuldete Elend verlassen. Aber wie durch ein Wunder erreiche ich das rettende Ziel ohne Brandblasen und den ersten Schatten seit Stunden unter einem Sonnenschirm aus Zuckerrohr.

Nach der Rückkehr in den Ort nütze ich die Zeit bis zum Abendessen (im gleichen Restaurant wie gestern) zur Restauration von Mensch und Material sowie zum Flanieren in der Fußgängerzone von Canoa Quebrada.

 

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