Tag 21: Halbinsel Valdez

Heute heißt es für uns immer zur rechten Zeit den richtigen Aussichtspunkt zu finden, denn neben uns machen sich heute auch die Passagiere von zwei im Hafen von Puerto Madryn liegenden Kreuzfahrtschiffen (MS Astor und ein von mir nicht identifizierbares Schiff) auf den Weg zur Reserva Faunistica Peninsula Valdes, bei uns kurz “Halbinsel Valdez”. Um dieser Meute aus dem Weg gehen zu können, ändern wir die sonst übliche Besuchsreihenfolge der Höhepunkte in diesem Naturreservat.

Die Halbinsel Valdez ist ein 3600qkm großes Schutzgebiet mit 400km Küstenlänge vor allem für Seelöwen, See-Elefanten, Guanakos, Nandus, Magellanpinguine und weitere zahlreiche Seevögel. Aufgrund des hier wärmeren und geschützten Wassers entlang des Golfo Nuevo, des Golfo San Jose und des Küstenstreifens der Caleta Valdez haben die Meeressäuger hier gute Paarungs- und Aufzuchtplätze.

Erster Anlaufpunkt für uns ist das Museum beim Parkeingang, das Centro de Interpretacion. Wo wir uns für die Exponate rund um das Naturreservat fast eine Stunde Zeit lassen können, werden die Kreuzfahrttouris im 10-Minutentakt durchgezerrt. Bis Puerto Piramides ist die Straße noch geteert, danach geht es weiter auf Schotterpisten.

Unser nächstes Ziel ist die Seelöwen- und See-Elefantenkolonie bei Punta Norte. Von der Aussichtsplattform kann man Seelöwen und See-Elefanten aus etwa 100m Entfernung betrachten. Während bei “Seelöwens” teilweise die ganze Familie da ist (Mama, Papa, Sohnemann bzw. Töchterli) gibts bei den See-Elefanten nur die Junggesellen-WGs, die schwergewichtigen Chefs befinden sich um diese Jahreszeit noch im Wasser.

Trotzdem ist zwischen Seelöwen und See-Elefanten schon ein deutlicher Unterschied zu erkennen. Werden Seelöwendamen bis zu 90kg und die Herrlichkeiten bis zu 400kg schwer, so kann man bei den See-Elefanten, dem südlichen Pendant zum Walross, das Ganze mal 10 nehmen.

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Seelöwenkolonie in Punta Norte

Beide Arten gehören zu den Robben, wobei man grundsätzlich zwischen Ohrenrobben (ist wohl klar was die haben) und Hundsrobben unterscheidet, wobei auch die Delfine zu den Robben und der Killerwal bzw. Orka, der sich hier in den Novemberwochen blicken lässt, zu den Delfinen gehört. Um die Sache nochmals komplizierter zu gestalten: Seehunde sind wegen ihrer Ohren übrigens Ohrenrobben und keine Hundsrobben!

Die See-Elefanten befinden sich zurzeit in der “Mauser”, d.h., sie streifen ihr altes Fell ab und müssen deswegen meist an Land bleiben. See-Elefanten sind auch weitaus besser an das Leben im Wasser angepasst. Sind sie mal an Land, dann müssen sie sich fast Meter für Meter vorwärts schaukeln, nach zwei bis drei Meter ist dann erst einmal Verschnaufpause. Bei Familie Seelöwe geht die Vorwärtsbewegung fast noch auf allen Vieren und damit wesentlich schneller.

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Seelöwenkolonie in Punta Norte

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Seelöwen und See-Elefanten (grau und weiß) in Punta Norte

Übrigens man sieht hier nicht nur sich häutende See-Elefanten, von manch einem Touri ohne Kopfbedeckung ist dieser Vorgang aufgrund der erfolgten Hautrötungen in den nächsten Tagen auch zu erwarten.

Weiter fahren wir anschließend zur Caleta Valdez, auch hier gibt es Seelöwen und See-Elefanten zu sehen (von Kreuzfahrttouris ganz zu schweigen)

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Seelöwen bei der Caleta Valdez

Als nächstes Ziel hat unser Don Pedro die See-Elefanten von Punta Delgado im Visier. Bei normalem Ablauf hätten wir im zugehörigen Restaurant (das natürlich von Menschen und nicht von der See-Elefantenkolonie geführt wird) unser Mittagessen eingenommen, aber heute wird nichts daraus. Die Anlage ist aber an einer sandigen Steilküste gebaut und je nach Wasserstand liegen die See-Elefanten näher oder weiter weg von den Sanddünen.

Aber Don Pedro weiß, wie man nahe an die Tiere herankommt, ohne diese zu stören, so kann man die Meute aus kaum 20m Entfernung beobachten. Dies ist schon ein imposantes Ereignis.

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See-Elefanten bei Punta Delgado

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See-Elefanten bei Punta Delgado

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“Robbender” See-Elefant bei Punta Delgado

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See-Elefanten bei Punta Delgado

Anschließend fahren wir wieder zurück in Richtung Puerto Madryn. Auf der Strecke lässt es sich ein Nandu-Hahn nicht nehmen mit seinem Nachwuchs (fast 15 an der Zahl) über die Straße zu wandern.

Bei Familie Nandu ist der Hahn für die Aufzucht des Nachwuchses zuständig, da die Dame des Hauses nach vollbrachter Arbeit (dem Eierlegen) das Weite sucht und den Ehemann mit den Eiern im wahrsten Sinne des Wortes sitzen lässt. Als wäre dies nicht schon schlimm genug, ist die Sache beim Rest des Harems nicht anders, sodass da schnell einmal eine Gruppe von bis zu 20 Küken zusammen kommt.

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Nandu-Hahn mit seinem Nachwuchs

Auf der Insel befindet sich auch die größte Landdepression der Erde, die bis zu 50m unter dem Meeresspiegel liegenden Salztonebenen Salina Grande und Salina Chica.

Nach insgesamt gut 550km Fahrt am heutigen Tag erreichen wir gegen 19 Uhr wieder Puerto Madryn, d.h., wir waren mehr als 12 Stunden unterwegs. Wie das die Kreuzfahrttouris in 7-8 Stunden schaffen, bleiben vielen von uns ein Rätsel.

Tag 22: Puerto Madryn - Sierra de la Ventana

Weit, sehr weit wird der Weg heute werden. Mit 800km Fahrtstrecke steht heute unsere längste Etappe an der Tagesordnung und größtenteils auf der Ruta 3, es ist also heute sehr viel Sitzfleisch gefragt. Aber es gibt ja genügend Tank-, Pinkel- und Eisessstopps.

Unsere Mittagsrast genehmigen wir uns in Carmen de Patagones, dem zur Provinz Buenos Aires gehörenden Teil der “Doppelstadt” Viedma, die in der Provinz Rio Negro am gleichnamigen Fluss liegt.

Hier ist die Landschaft schon wesentlich grüner und vegetativ reicher. Aus dieser Gegend kommt meist das argentinische Gemüse in unseren Supermarkt-Regalen.

Endgültig verlassen wir heute Patagonien an der der imaginären “Staatsgrenze” mit dem Überqueren des Rio Colorado, die Pampas haben uns nun.

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Die imaginäre Grenze Patagoniens, der Rio Colorado

Heißt es nun Pampa oder Pampas?

Die Pampas (Einzahl) besteht aus mehreren Pampa und stellen als gut 500000qkm großes sehr ebenes Lösbodengebiet mit ihrer Fruchtbarkeit die Kornkammer Argentiniens dar. Hier weiten auch die riesigen Vieherden. Was wir nicht zu sehen bekommen und was leider auch die wenigsten wissen: So natürlich wie man meint ist auch die Rindermast in Argentinien nicht mehr.

Die Endmast dieser Tiere findet oft auf riesigen Offenställen statt, wo auf einem Quadratkilometer mehr als zigtausend Tiere mehrere Monate in ihren eigenen Exkrementen stehen und da reden wir mal besser nicht von Immisions- und/oder Grundwasserschutz, geschweige denn von “humanen” Mastmethoden.

Das folgende Bild stammt von einer späteren Argentinienreise und wurde im Chaco aufgenommen. Die “Verhältnisse” dürften ähnlich sein.

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Ob diese argentinische Rinder wirklich glücklicher als deutsche Rinder sind?

Und wenn die mir genannte Zahl von 80 Millionen Rindern in der Pampa stimmt, dann wären dies 2 Großvieheinheiten je Hektar und da hätte man bei uns in Deutschland als Landwirt schon deftige Probleme mit den Ämtern wegen der “Überweidung”.

Das einzige Gebirge in den Pampas ist die “Sierra de la Ventana” wo wir heute im herrlich gelegenen Campingplatz im Regionalpark Ernesto Tornquist unser Tagesziel bei hochsommerlichsten Temperaturen über 35°C erreichen werden.

 

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