Tag 5: Ushuaia - Lagua Perdida - Estancia Haberton

Heute heißt es Abschied nehmen von der südlichsten Stadt der Welt, die Reise rund um die Ruta 3 nordwärts bis nach Buenos Aires kann nun ihren wirklichen Anfang nehmen.

Als heutigen Tagesordnungspunkt haben wir uns zunächst eine Wanderung zur Laguna Perdida vorgenommen. Kaum haben wir mit dem LKW Ushuaia verlassen, befindet man sich schon mitten in der feuerländischen Bergwelt, die typische Topografie für den südlichen Bereich der Insel. Nach etwa 15-20km erreichen wir den Startpunkt unserer Wanderung. 

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Hochmoorlandschaft auf dem Weg zur Laguna Perdida

Es sind zwar nur gut 300-400 Höhenmeter zu der von Bergen umrahmten Lagune zu überwinden, der Weg dorthin wird aber von tief gehenden Ein- bzw. Fußabdrücken und zahlreichen (ungewollten und nicht vermeidbaren) Irrwegen gespickt sein. Denn bis auf wenige markierte und “trockene” Bereiche zu Beginn führt die Wanderstrecke meist über Hochmoorwiesen (von den verschiedenen Dreckpegelstandsmessungen der Wandercrew müsste es eigentlich Tiefmoor heißen). Die Gummistiefel von unserem Reiseleiter Marcus hätten uns eigentlich warnen sollen. Aber was solls: Das Ziel ist der Weg. Da die Nässe nicht nur von unten kommen wird, kann meine neue Gore-Tex-Jacke mal ihre Fähigkeiten zeigen (und sie wird mich auch auf der ganzen Reise nicht enttäuschen).

Der untere Bereich der Wanderung führt noch meist auf festen Grund durch den Wald bis auf eine ansteigende Hochebene, wo dann das Abenteuer beginnt. Es gibt keinen markierten Weg mehr und Sumpflöcher sind überall verteilt. Man kann den Weg noch so generalstabsmäßig planen, eine Sackgasse umgeben von tiefen (Hoch-)Moor ist immer dabei. Aber nach einigen tiefen Eindrücken/-brüchen kommt doch jeder von uns zum Ziel an der herrlich gelegenen Lagune.

Das wir von fallwindgepeitschtem Schnürchenregen empfangen werden ist auch einmal eine interessante Erfahrung. Aber wie herrlich schaut es hier erst aus, wenn blauer Himmel ist.

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Hochmoorlandschaft bei der Laguna Perdida

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Laguna Perdida

 Aufgrund der nassen Wetterbedingungen beschränken wir unsere Mittagsrast auf das Nötigste und machen uns auf dem Rückweg. Am Fahrzeug wieder angekommen steht zunächst eine Generalreinigung an, denn der untere halbe Meter ist bei den meisten von uns im Einheitsdunkelbraun des Moors.

Weiter führt uns die Fahrtstrecke zunächst zu einer wenige Kilometer entfernten Hosteria, zum Aufwärmen, bevor wir unsere Reise fortsetzen zu unserem Tagesziel auf das Gelände der ältesten Estancia auf Feuerland, der Estancia Haberton.

Die Estancia befindet sich auf dem Ostzipfel der Insel Feuerland, aber heute werden wir unsere Zelte an einem Fluss auf dem Estanciagelände aufstellen. Die Landschaft hier ist schon wieder deutlich ebener als noch zuvor rund um die Laguna Perdida.

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Wo auf dem Bild Westen und Osten ist ergibt, sich schon allein aus der Wachstumsrichtung dieser Südbuche

Da es erst vor Kurzem hier eine große Überschwemmung gegeben hat, muss der Zeltplatz (ohne Infrastruktur, d.h. mit Spatenklo) noch von so manchem Unrat gesäubert werden.

Eine andere Art von Überschwemmung werde ich am Abend in meinem Zelt erleben. Irgendwie ist der Rucksack an einer Stelle oben ungewöhnlich nass. Kaum ist der Reißverschluss des Rucksacks etwas geöffnet ist der Übeltäter schon eingekreist, es kommt aus dem Kulturbeutel.

Aber wer wars?

Das Duschgel (hoffentlich) oder der Deoroller (bitte nicht). Aber schnell lässt sich feststellen, 95% des Duschgels haben einen anderen Verbleib im Rucksack gefunden und ihm eine ganz besondere Duftnote verliehen. Und da sagt man den anderen immer, dass man alles in Plastiktüten verpacken soll, und nur beim Duschgel hab ich diesselber vergessen.

Tag 6: Estancia Haberton - Lago Fagnano

Den heutigen Vormittag nutzen wir zum Besuch der ältesten Ansiedlung Feuerlands, der 1886 aufgebauten Estancia Haberton. Gegründet wurde sie vom Missionsarssohn Thomas Bridges und seiner Familie.

Die Estancia selbst liegt wunderschön an einem geschützten Seitenarm des Beaglekanals.

Auf dem Farmhauptgelände befindet sich auch der Familienfriedhof sowie ein botanischer Garten, in dem alle Pflanzennamen auch in der Sprache der Ureinwohner (der Yahgan und Selk’nam) aufgeführt sind. Ebenfalls gibt es Nachbauten der Zelte der Ureinwohner zu sehen. Die Familie Bridges ist auch bekannt für ein Wörterbuch über die ausgestorbene Sprache der Ureinwohner.

Waren früher die Schafe und das Holz die Haupteinnahmequelle der 20.000 ha großen Estancia (für feuerländische Verhältnisse fast schon ein “Nebenerwerbsbetrieb”), so stellen heute die Touristen aus dem fast 100km entfernten Ushuaia eine wichtige Einkommensquelle dar.

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Landschaft auf der Estancia Haberton

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Estancia Haberton, Haupthaus

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Estancia Haberton, Zeltnachbau der Ureinwohner

Wieder zurück nach Westen in Richtung Ruta 3 führt uns der weitere Weg zu unserer Mittagsrast in Puerto Almanza. Dieser Ort, mit Armeeposten und schussbereiten Maschinenkanonen, die auf die chilenische Seite des Beagle-Kanal gerichtet sind, bietet einen herrlichen Blick auf die Isla Navarino und dem südlichsten Ort der Welt, Puerto Williams.

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Feuerland Nationalpark

Auf der Schotterpiste geht es anschließend weiter in Richtung Ruta 3. Die Grenze zum Herzland der Isla Grande bildet der 430m hohe Paso Garibaldi, südlich von ihm die Bergwelt und nördlich der Blick über den Lago Escondida auf den größten See Feuerlands, den gut 100km langen Lago Fagnano.

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Paso Garibaldi und Lago Escondida

An einem Campingplatz an dessen Ufer führt uns heute unser Tagesziel. Für mich heißt es dann nach dem Zeltaufbau, dass zunächst eine Generalreinigung der “geduschgelten” Kleidungsstücke durchgeführt werden muss, da heute wieder (warmes) Wasser und Sanitäranlagen vorhanden sind. Auch der Rucksack selbst bedarf einer Generalreinigung.

Tag 7: Wanderung zum Cerro Chechen

Gut 600 Höhenmeter werden es für diejenigen von uns sein, die den kompletten Anstieg auf den Cerro Chechen wahrnehmen wollen. Aber unsere heutige Tageswanderung beginnt mal wieder mit einer Wanderung durch ein tiefergelegtes Hochmoor, heute aber bei herrlichem Sonnenschein. Aber die tief steigenden Eindrücke bleiben uns heute erspart, denn schon etwa 2km weiter führt uns die Wanderung auf die Forststraße am großen Steinbruch vorbei, der zur Versorgung des Neubaus der Ruta 3 dient. Dies wird auch bis zum Aussichtspunkt oberhalb des Steinbruchs so bleiben, wo uns ein Großteil der Gruppe verlassen wird. Nur noch zu fünft mit Reiseleiter und örtlichen Führer geht es nun im unwegsamen Gelände weiter.

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Hochmoorlandschaft auf dem Weg zum Cerro Chechen

Fast schon in der Direttissima (kerzengerade den Berg hinauf) mitten durch den Wald geht es die nächsten 300 Höhenmeter hinauf, eine sehr anstrengende Angelegenheit. Auf nun fast 700m ü.NN nimmt die Waldvegetation schlagartig ab, auf gut 20 Höhenmeter ist die Grenze zwischen Wald und baumlos und am noch 100m höher gelegenen Gipfel lag heute morgen noch Neuschnee, wie wir vor der Wanderung am Morgen von unserem Zeltplatz aus erspähen konnten.

Am Gipfel angekommen bietet sich ein unverbaubarer 360° Panoramablick vor allem auf den über 100km langen Lago Fagnano. In der Ferne sind auch die schneebedeckten Berge der Darwin Kordillere zu erkennen. Was hier natürlich nicht fehlen darf, ist der Eintrag ins Gipfelbuch. Seit der letzten Reisegruppe von Kondor 7 Wochen zuvor ist nur 1 Eintrag hinzugekommen.

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Am Lago Fagnano

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Aussicht vom Gipfel des Cerro Chechen über den Lago Fagnano mit der Darwin Kordillere im Hintergrund

Auf der gleichen Strecke wie beim Aufstieg geht es wieder zurück, sodass wir am zeitigen Nachmittag wieder an unserem Campingplatz ankommen und sich noch genügend Freiraum zum Faulenzen bietet, denn Abendessen gibt es hier nie vor 20 Uhr und es wird 23 Uhr bis es dunkel wird.

 

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