kaligandaki

Tag 15: Marpha - Lete

In den nächsten beiden Tagen steht auf der Annapurnarunde ein Streckenabschnitt an, für den viele inzwischen die Busse oder Jeeps zur Überbrückung nützen. Warum sollte man auch 50km fast nur abwärts zu Fuß zurücklegen, wenn es einem die Technik, sprich eine fahrzeugtaugliche Piste, doch inzwischen so einfach macht. Ein Widerspruch, der sich mittlerweile schon quer durch die Ansichten über die Annapurnarunde hindurch zieht.

Leute, ihr wisst gar nicht, was Euch an diesen Tagen hinter der Scheibe eines Fahrzeugs alles entgeht! Es sind zwei Tage zum Genießen nach den Anstrengungen der letzten Tage.

Die heutige Etappe ist gut 23 Kilometer lang und wird relativ eben im Tal der Kali Gandaki verlaufen. Für unsere Strecke bieten sich dabei Alternativen an: die Strecke westlich der Kali Gandaki meist auf der Piste verlaufend oder östlich des Flusses in den unteren Regionen des Hanges verlaufend. Wir entscheiden uns für die Pistenvariante, denn dies ist die sonnenverwöhnte Seite.

Nur wo sind heute die ganzen Touristenmassen geblieben, die sich angeblich immer auf der Annapurnarunde tummeln sollen?

Bis zum Mittagessen sehen wir nur einen einzigen Trekker mit Guide und Träger, die in unserer Richtung unterwegs sind. Auch ein Trekkingpärchen von unserer Lodge sehen wir nicht auf dem Weg. Auch sie sind über den Thorong La angekommen, ich konnte aber nicht erfahren, ob vor oder am 14.Oktober. Im Gegenverkehr sind es auch nur zwei kleine Gruppen.

Hat der Rest an Trekkern die Runde bereits in Jomsom geplant oder ungeplant beendet?

800_3967_DxO

Um die Baustelle herumgebaut

Es sind talwärts keine Touristen zu sehen, auch in den vereinzelt vorbeifahrenden Jeeps und Allradbussen sitzen fast nur Einheimische. Tja da wird aus einer erwarteten Völkerwanderung ein Genießen in der Einsamkeit und Abgeschiedenheit des Kali Gandaki Tals, irgendwie für mich vor dieser Reise so nicht vorstellbar. Und all dies bei besten Wanderwetter, also bei fast wolkenlosen Himmel.

Der Ort Marpha unterscheidet sich doch sehr von vielen sonstigen Außenorten Nepals, die ich bis jetzt gesehen habe. Irgendwie ist alles gepflastert, sauber und rein, es ist kein Müll zu sehen. Eine Szenerie, die so auch in Peru, Chile oder Nordwest-Argentinen sein könnte.

Schon beim Verlassen des Ortes hören wir die ersten Flugzeuge, die Touristen nach Jomsom bringen oder diese von dort wieder abholen. Und diese Geräuschkulisse mischen sich auch heute wieder Hubschrauber, diese landen aber fast alle in Jomsom und fliegen (zunächst) nicht weiter Richtung Muktinath. Das wir uns immer mehr der tiefsten Talsohle des für manche tiefsten Tales der Welt nähern, diesen Umstand kann man nicht immer erkennen. Niedrigere Vorhügel direkt neben der Talsohle versperren nicht selten die Sicht auf die Berge. Nichts ist z.Z. vom kaum gut 12 Kilometer entfernten Dhaulagiri I zu sehen, nur das Nilgiri Massiv östlich hinter uns versteckt sich (noch) nicht.

Auch wenn immer gerne behauptet wird, das Kali Gandaki Tal sei das tiefste Tal der Welt, es ist leider nur ein Trugschluss. Auf 2540m Höhe durchschneidet die Kali Gandaki das Himalayamassiv, der 8167m hohe Dhaulagiri I ist von dort nur 12km entfernt. Zwischen der Annapurna I mit 8091m und dem Dhaulagiri I sind es 34km Abstand, macht also dazwischen gut 5600m Tiefe. Nur macht man zwischen beiden Gipfeln eine direkte Verbindungslinie, dann sind es keine 5600m “Taltiefe” mehr, der “Erste Preis” geht da leider an ein anderes Tal: Die Nordwand des Rakaposhi (7788m) in Pakistan am Karakorum Highway und der 7794m hohe Batura I sind 30km voneinander entfernt, dazwischen verläuft der Hunza River in 1900m Höhe, d.h. die Talsohle liegt fast 5900m unterhalb der Gipfel und dies gemessen an der direkten Gipfelverbindungslinie. D.h. 300m mehr Tiefe, 4km weniger Abstand und in direkter Linie gemessen. Die oft zitierten 7000m Tiefe des Kali Gandaki Tals werden gern in Tatopani gemessen, wo die Kali Gandaki 7000 Höhenmeter unterhalb der Annapurna I in 19km Entfernung in einer engen Schlucht vorbei fließt. Nur in gerader Linie ist dort kein Berg auf der Westseite höher als 5000m. Auch wenn 7000 Höhenmeter Unterschied auf 19km schon wirklich imposant sind, der besagte Rakaposhi braucht für 5900m Höhendifferenz nur 9km, Weltrekord.

Aber genug der Schwanzlängenvergleiche, die Dimensionen des Kali Gandaki Tals sind immer noch absolut atemberaubend. Einfach nur zum fast ungestörten Genießen vergehen die nächsten Stunden. Trotz manch eines Fahrzeugs, die oft bemängelte heftige Staubentwicklung haben wir heute überhaupt nicht, obwohl der Boden alles andere als nass wirkt. Nur eines vermisse ich auf all den (neuen) Pisten rund um die Annapurnas:

Wasserablässe sind ein absolutes Tabu. Wie soll da ohne Ablässe eine Piste bei Gefällen jenseits der 15% überhaupt noch ihren Untergrund halten?

So ist es nicht verwunderlich, dass die Pisten an Steilstellen oft extrem ausgespült sind. Manchmal auch daran erkennbar, dass sich fast der Markenname der Ölablassschraube der Fahrzeugmotorölwannen an tief zwischen den beiden Fahrspuren ausgeschwemmten Steinblöcken verewigt hat. Wars ein Tata-Bus, ein Eicher-Bus, ein Mahindra-Jeep, ein Escort-Traktor, usw.? Damit lässt sich nun auch begründen, warum die Fahrzeuganhänger von hier so riesig große Bereifungen haben. Auch zeigt sich, dass der technische Fortschritt nicht immer nur ein Segen ist. Während die Royal Enfield Motorradfahrer aufgrund ihrer Kanapee-Federung ihr Ziel zwar langsam aber entspannt erreichen können, so fühlt sich so manch ein Fahrer eines neuzeitlichen chinesischen Mopeds der bis zu 200ccm-Klasse eher wie auf einem Affenschleudersitz.

800_3970_DxO

Der Ort Tukuche mit dem Nilgiri

800_3975_DxO

Ram prasad und Bibashs Reich

Unsere Mittagsrast machen wir im Ort Tukuche direkt unterhalb des 6920m hohen Tukuche Peaks (4000 Höhenmeter auf 8km). Der Ort selbst ist ähnlich herausgeputzt wie schon unser heutiger Startort Marpha. Nach dem Mittagessen stellt sich die Frage, wo bleibt heute der Wind? Ab 11 Uhr soll es im oberen Kali Gandaki Tal immer sehr windig sein. Gestern haben wir diese Frage noch bedingt mit Ja beantworten können, nur heute gibt es keinen Wind, sind wir schon zu tief im Tal?

800_3976_DxO

Vierbeinige Schafe auf der Piste

Die einzigen Touristen, die wir heute noch antreffen sind ein Pärchen bei der Rast im Ort Kobang. Die Szenerie des Tales hat inzwischen andere Züge angenommen. Konnte man heute morgen noch meinen, in einem Andental von Nordwest-Argentinien zu sein, so lassen sich inzwischen deutliche Parallelen zur Carretera Austral in Mittelchile nicht mehr verneinen. Das Tal wird enger und grüner.

800_3977_DxO

Kobang - eine Landschaft die sehr stark an die Carretera Austral in Chile erinnert

Ein kleines Eigentor legen wir uns an einer Abkürzung in der Nähe des Ortes Larjung. Um uns einen gut 2km langen hufeisenförmigen Umweg auf der Piste zu ersparen und um eine Überholmöglichkeit zu einer vor uns laufenden Schafherde zu schaffen, wollen wir durch das Schotterschwemmgebiet eines Nebenarmes der Kali Gandaki wandern. Irgendwann hilft auch das beste Zick-Zack nicht mehr, wir müssen eine Flußquerung im eiskalten Flusswasser machen.

flussquerung

Flußquerung - zum Glück nicht mehr als hüfttief

Es bleibt also nichts anderes übrig als runter mit den wichtigsten Klamotten und rein in die Fluten. Es sind aber über zwei Flussarme kaum 30m zu queren und glücklicherweise bleibt es doch nur bei einer hüfthoher Wassertiefe (eigene Messung). Da außerhalb des bitterkalten Wassers angenehme Temperaturen herrschen, lässt sich das nachfolgend notwendige Sonnenbad gut ertragen. Trotzdem schaut man bei solch kalten Wassertemperaturen sicherheitshalber doch nach, ob maskuline äußere Geschlechtsmerkmale auch von der äußeren Art geblieben sind.

800_3979_DxO

Flußquerung - das Blaue ist meine Reisetasche

Als Folge können wir aber feststellen, die Abkürzung hat mal wieder länger als der Normalweg gedauert. An einer Hängebrücke unweit vor dem Ort Kokhethanti verlassen wir die Piste und wandern auf einem Pfad zum Ort Kokhethanti.

Aufgrund der neuen Piste hat der Ort an Bedeutung verloren und man sieht es ihm inzwischen auch an. Im Ort sehen wir ein Bauernehepaar, die auf dem Hauptweg ihre Bohnenernte ausgebreitet haben und inzwischen mit dem händischen Dreschen der Bohnen begonnen haben. Was mir am Mann des Ehepaars auffällt, ist ein Umstand, der hier in Nepal oft auftritt. Manche Gesichter wirken nicht nur vom Aussehen indogermanisch, also fast mitteleuropäisch, auch ihre Mimik ist sehr ähnlich, nur die Hautfarbe ist dunkler. Und dies tritt sowohl bei Frauen und Männer auf.

800_3980_DxO

Bohnenernte in Kokhethanti

800_3981_DxO

Kali Gandaki Tal zwischen Kokhethanti und Dhampu

Gegen 16:30 Uhr treffen wir in den zusammengewachsenen Orten Kalopani und Lete ein. Da wir zwischendurch etwas gemütlich unterwegs waren, ist es zu spät, um noch weiter nach Ghasa zu gehen. Für uns steht also zunächst wieder die Suche nach einem Übernachtungsort an, was sich als gar nicht so einfach darstellt. Erst im Ort Lete finden wir eine Übernachtungsmöglichkeit für Zelt und Begleitmannschaft in einer ehemaligen Lodge. Wir sind wieder die einzigen Gäste.

Und ich würde mich nicht wundern, wenn wir die einzigen Gäste im ganzen Doppelort wären, denn wir können beim Gang durch den Ort keinen einzigen Touristen sehen, geschweige denn aktuelle touristische Auswirkungen wie frisch gewaschene Kleidungsstücke bekannter Outdoormodelabel oder auch nur die Ansammlung irgendwelcher Träger. Und dabei soll der Bereich hier der einzige Bereich auf der normalen Annapurnarunde sein, wo man die Annapurna I sehen kann.

800_3986_DxO

Übernachtungsplatz in Lete - Tukuche Peak im Hintergrund

Interessanterweise werde ich sie mehrmals sehen, aber nicht kapieren, dass es sich dabei um die Annapurna I handelt. Mit dem Orientierungssinn hapert es heute bei mir sowieso etwas. Nicht das ich psychisch desorientiert wäre, nur die Zuordnung der gesehenen weißen Schrankwände mit den richtigen Namen klappt nicht immer. Irgendwie bin ich der Meinung, wir wären am Dhaulagiri I schon vorbei und ordne den vom Zeltplatz zu sehenden Tukuche Peak südlich des Dhaulagiri ein, er liegt aber östlich davon. Erst wieder zuhause in Deutschland werde ich feststellen, dass ich mehrmals den riesigen Dhaulagiri Eisfall fotografiert habe. Gleiches gilt mit der Annapurna I von hier aus. Zigmal abgelichtet, auch einmal mit freiem Gipfel, aber heute irgendwie nicht identifiziert.

Äußert verwundert bin ich, als Shukra Bir und Ram prasad damit beginnen, neben meinem Zelt ihr Mannschaftszelt aufbauen, sie haben doch auch die Möglichkeit in ihrer heutigen Schlafwohnküche zu übernachten, was für sie auch mit weniger Aufwand verbunden wäre. Der Grund dafür versetzt mir einen kleinen Schock. Wobei es nicht am Grund selbst liegt, sondern dass es diesen Umstand in dem ach so hyperfriedlichen Nepal gibt.

Shukra Bir erklärt mir, dass hier in der Gegend sehr gerne alleinstehende Zelte überfallen und ausgeraubt werden und sie deshalb zur Abschreckung das zweite Zelt aufbauen und auch jemand darinnen schlafen wird. Es gibt ja neben Angler-, Jäger- auch ein Zeltlerlatein, den Spruch “Da haben wir dann vor dem Zelteingang des Anderen hingekackt” wurde ja schon im Buch “Hummeldumm” verewigt, dürfte aber so wahrscheinlich noch nie eingetreten sein. Aber von Rauborgien bei Zeltübernachtungen ist da eigentlich nichts dabei.

Für mich bedeutet dies nur, dass ich doch sicherheitshalber ein paar kleine Maßnahmen innerhalb des Zeltes ergreife, um den schnellen Zugriff auf meine Ausrüstungsgegenstände doch etwas zu erschweren. Bei einer Androhung von Waffengewalten kann ich mich sowieso nicht dagegen wehren. Um was für welche (mich selber nicht behindernde Maßnahmen) es sich dabei handelt, möchte ich verschweigen, denn vielleicht brauche ich sie irgendwann einmal wieder.

So bewacht auch einer aus der Mannschaft immer die Zelte, auch während meines Abendessens in der Lodge. Ich habe zwar kein mulmiges Gefühl, aber “ein Geschmäckle” bleibt dennoch übrig. Trotz allem wird es eine gemütliche und ungestörte Nacht.

Tagesdaten: Start: Marpha (2670m ü.NN) - 8:00 Uhr, Ziel: Lete (2480m ü.NN) - 16:30 Uhr, ↑120m, ↓250m

Tag 16: Lete - Tatopani

Erstmals seit der Überschreitung des Thorong La vor vier Tagen können wir heute beim Frühstück im Fernsehen Nachrichten sehen. Dinge, die wir bis jetzt nur haben vermuten können, werden uns mit den Fernsehbildern deutlichst vor Augen geführt. Am Thorong La hat sich am 14.10.2014 eines der größten touristischen Unglücke der Geschichte Nepals ereignet. Aus der Nachrichtenlage ist aber nicht ersichtlich, wo und wann sich die tödlichen Unfälle ereignet haben. Wir haben vor vier Tagen anscheinend ein Rennen gewonnen, von dem wir gar nicht wussten, dass es ein Rennen war, wer unser unerbittlicher Gegner war und wie nah die Niederlage sein kann.

800_3988_DxO

Sonnenaufgang bei Lete - Tukuche Peak im Hintergrund, links der Dhaulagiri-Icefall, diesen entdecke ich erst in Deutschland auf dem Bild

Fast 25km sind es heute bis in das 1200 Höhenmeter tiefer gelegene Tatopani. Den größeren Teil davon werden wir auf der in diesen Jahren noch befahrbaren Piste zurücklegen, aber auch einige Strecken abseits der Piste wagen. Schon vor dem Start heute strahlt die umliegende Bergwelt, oft nur mit wie Föhnhauben aussehenden Wolken bedeckt.

800_3990_DxO

Föhnhaube über der Annapurna I 8091m, den Bharha Chuli (Fang) 7647m und der Annapurna South 7219m

800_3993_DxO

Wanderung mit Blick zum Nilgiri Himal (links) und Annapurna I

Obwohl es sich bei der Piste ja eigentlich um eine Strasse handeln sollte (hat das schon jemand der Piste klar gemacht?) zu Fuß muss man auf jeden Schritt aufpassen, von selbst laufen sich die Strecken nicht. Schon gestern hatte ich Shukra Bir gefragt, ob es eigentlich anormal ist, dass man nach 20 Kilometer zu Fuß auf solch einer Schlaglochpiste das Gefühl hat, im Bewegungsapparat unterhalb der Hüfte sei so ziemlich alles ausgeleiert, alle Schrauben sind locker und alles wackelt. Seine Antwort darauf war kurz und knackig: »Willkommen im Klub!«. Naja, dann wird es heute wohl kaum besser werden.

Zwischen Lete und Ghasa hat die Kali Gandaki eine Art von “Donaudurchbruch” geschaffen, sprich der Fluß verliert eingebettet in einer ganz engen Schlucht viel an Höhe. Unser Weg führt uns zunächst direkt auf die Annapurna I zu, die fast wolkenlos mit ihren Nachbarn vor uns thront. Im Anschluß queren wir den Lete Khola über eine lange Hängebrücke und ersparen uns den Umweg über die Piste . Im nun immer enger werdenden Kali Gandaki Tal nähern wir uns den Ort Ghasa, wo wieder ein Kontrollpunkt für die Annapurnarunde ist.

800_3999_DxO

Fahrzeugtaugliche Hauptpiste von Beni über Jomsom nach Muktinath bei Ghasa - und ewig grüßt der nicht vorhandene Wasserablass an Steigungen

Mit uns talwärts wandern sehen wir heute nur eine einzige Gruppe, wo sind denn all die Touristen. OK, es gibt noch eine Spezies, die uns heute mehrmals nerven wird. Eine Spezies, die schlimmer als 100 Mopeds oder Busse sind. Mopeds und Busse hupen, wenn sie sich nähern. Sie hupen aber nicht, weil jemand etwas falsch macht, sondern wie üblich in Nepal, um anzuzeigen, dass sie einem überholen wollen. Das Prozedere spielt sich ein: es hupt, man schaut von wo, geht kurz zur Seite, lässt sich überholen und geht dann ganz normal wieder seines Weges. Nur für Mountain-Biker der Downhill-Fraktion (nicht die normalen Mountainbiker) scheint dies überhaupt nicht zu gelten. Nur mit einem Trinksystem am Rücken bewaffnet rasen sie die Strecke von Jomsom nach Tatopani, ohne dabei den restlichen Verkehr vorzuwarnen. Nix hupen, nix klingeln, nur die Scheuklappen auf 0,1° Öffnung gestellt. Ihre Geschwindigkeit übertrifft talwärts die der Mopeds und Busse, es sind also die Einzigen, die sich nicht an die Anderen anpassen.

Man ist dann aber schnell auf der Suche nach dem virtuellen Klappmesser in der Hose, wenn man ohne Vorwarnung rechtsseitig und linksseitig steinefliegend von zwei schnellfahrenden Mountainbikern überholt wird, beide Individuen sich kampfschreiend unterhaltend. Auch wenn Rais keine Christen sind, mein laut in Richtung der zweirädrig bewaffneten Übeltäter ausgesprochenes »Oh Lord send brain!« können sie ihrer Reaktion nach eindeutig zuordnen.

enfield

3 Royal Enfields im Gegenverkehr

Immer grüner wird die Landschaft, je tiefer wir auf der Piste gelangen und die Piste verläuft immer höher über dem Flusslauf. Ein Blick über die umgebenden Hügel hinaus ist nicht mehr möglich, es gibt keine schneebedeckten Berge mehr zu sehen.

800_4003_DxO

Landschaft bei Kopchepani

800_4005_DxO

Was nicht passt wird passend gemacht - Piste durch den Berg gesprengt

Unsere Mittagsrast legen wir an einem kleinen Teehaus neben der Piste unweit der Hängebrücke bei Kopchepani ein. Hier öffnet sich das enge Tal wieder und gibt den Blick auf eine üppig grüne Mittelgebirgslandschaft frei. Dunkle Wolken ziehen auf, als wir wieder weiterwandern wollen, es wird doch jetzt nicht zum Regnen beginnen? Aber wir bleiben weitestgehend von Nässe von oben verschont, nur Sonne haben wir bis zum Abend nicht mehr.

800_4018_DxO

Feldbau bei Dana

Noch weit vor dem Ort Dana verlassen wir die Piste, um im Hinterland zwischen Piste und Kali Gandaki auf einem Trampelpfad weiter in Richtung Tatopani zu gehen. Wir nähern uns unaufhaltsam wieder schwüleren Regionen. Nun kommen uns auch einige wenige Touristen aus dem Tal entgegen.

Gegen 16:15 Uhr erreichen wir den auf gut 1200m gelegenen Thermalbadeort Tatopani. ”Tatopani” ist die Abkürzung für heiße Quelle. Der Ort selbst ist sehr touristisch geprägt und wir sind wieder in einer ganz anderen Welt angekommen. Hier gibt es ein völlig anderes Publikum als all die Tage zuvor, oft mit stark “einen Schlag habend” behaftet. Ein weiteres Touristenghetto sind die Hotels für die Gruppenreisenden, auch Trekkinggruppen. Irgendwie eine ganz andere Welt im Vergleich zu den letzten beiden Wochen.

800_4025_DxO

Tatopani und Nilgiri Süd 6839m

Nur wo finden wir heute eine Bleibe?

Im Touristenghetto haben wir als Zeltfraktion keine Chance, aber mitten im Ort gibt es eine alte ursprüngliche Lodge, die anscheinend als Bleibe von durchreisenden Einheimischen verwendet wird und auch eine Küche für die Einheimischen bietet. Im Garten dürfen wir zwischen Wäscheleinen und übernacht abgestellten Mopeds mein Zelt aufbauen. Ich bin wieder der einzige Ausländer hier. Interessanterweise werden die Mopeds hier übernacht abgestellt, damit nachts nicht die Spiegel und Blinker geklaut werden.

800_4035_DxO

Tatopani, Garten der Lodge für Einheimische

Noch vor dem Abendessen statten wir den heißen Quellen von Tatopani einen Besuch ab, erstmals seit zwei Wochen lege ich 100m am Stück wieder mit Tevas zurück. Die Quellen sind aber inzwischen eingezäunt und hygienisch schaut mir die Sache bei den ganzen Menschenmassen hier auch nicht aus. Unverrichteter Dinge gehen wir wieder zu unserer Bleibe zurück.

nilgirisued

Tagesdaten: Start: Lete (2480m ü.NN) - 7:50 Uhr, Ziel: Tatopani (1230m ü.NN) - 16:15 Uhr, ↑187m, ↓1414m

 

navleft          navup          navright