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Larkya Peak (6240m) oder einer der Berge aus den Panbari Himal von Dharapani aus gesehen

Tag 5: Ghermu - Tal

Auch die zweite Nacht in einem Zelt auf dieser Tour ist überstanden. Pünktlich um 6 Uhr gibt es den obligatorischen Good-Morning-Tea und einige Minuten später eine Schüssel mit warmen Wasser für die tägliche Großkatzenwäsche. Nach dem ersten Tee steht zunächst das Aufräumen im Zelt an. Eigentlich eine Sache die unkompliziert und schnell erledigt ist, aber seit diesem Jahr habe ich eine neue Daunenmatte. Die Matte ist super, nur der zugehörige Packsack ist verdammt klein (eine 195x67x9cm Matte muss in einen 28cm langen und 15cm breiten Packsack passen). Zu allem Überfluß hat dieser Packsack auch noch eine Längsnaht (wer die erfunden hat?), sodass schon nach der ersten erneuten Benutzung ein größerer Riss im Packsack zurück bleibt. Aber auch dieses Problem kann gelöst werden.

Nach dem “versandfertig machen” steht die morgendliche Körperpflege an, im Anschluss daran gibt es Frühstück, gekocht von der Begleitmannschaft.

Unsere heutige Strecke führt uns weiter flussaufwärts im Marsyangdi Talkessel hinauf. Wir starten wieder alle gemeinsam und folgen zunächst noch der östlichen Flussseite flussaufwärts. Einige Gehminuten nach Ghermu queren wir wieder den Marsyangdi über eine längere Hängebrücke, die Strecke führt nun wieder über die neu gebaute “Straße”. Heute sind wir nicht ganz alleine auf der Strecke, einige wenige Trekker sind mit uns unterwegs. Im Ort Syange machen wir an einer der obligatorischen Chautaras gemeinsam einen Halt.

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Rast in Syange

Nicht verständlich ist für mich, dass in der Literatur bei der neuen Straße immer von einer “staubigen Piste” gesprochen wird. Der Weg ist zwar trocken, aber staubig überhaupt nicht und der Fahrzeugverkehr hält sich doch sehr in Grenzen, vielleicht bestenfalls alle 10 Minuten ein Fahrzeug. Zwei Kilometer oberhalb von Syange geht die Piste im Verlauf in einigen Serpentinen den Hang nach oben. Wir folgen teilweise dem Verlauf der Piste oder kürzen die Serpentinen über alte Schleichwege ab, was aber nicht unbedingt einen zeitlichen Vorteil zur Folge hat. Oben angekommen geht es in einer gemäßigten Steigung weiter in Richtung des Ortes Jagat. Wegen des immer enger werdenden Tales wirkt die Lage des Ortes wie ein kleiner Adlerhorst. Im Ort Jagat selbst steht dann wieder der obligatorische Boxenstopp an.

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Enges Tal des Marsyangdi Flusses mit dem Ort Jagat im Hintergrund

Immer den Flussverlauf folgend geht es weiter bis zum Ort Chyamche. An der gegenüberliegenden Talseite ist vor dem Ort Chyamche ein imposanter Wasserfall, direkt neben der Piste befindet sich ein Restaurant unmittelbar in den Hang gebaut mit einem unverbaubaren Ausblick auf den Wasserfall.

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Wasserfall bei Chyamche

An dieser Stelle machen wir heute Mittag. Da die Sonne vom fast wolkenlosen Himmel doch beständig scheint, nehme ich innerhalb des Restaurants und nicht außerhalb Platz. Vor der Lodge spielen Kinder mit einem Schubkarren mitten auf der Piste, Verkehr ist hier kaum.

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Spielende Kinder in der Nähe des Ortes Chyamche

In den zwei Stunden Mittagsrast kommen gerade zwei Jeeps mit Touristen von Besisahar herauf und ein Jeep fährt in Richtung Besisahar ab. Die ankommenden Touristen steigen aus und ihr Gepäck wird ausgeladen und zu einer weiter oben liegenden Lodge gebracht. Viele Trekker und viele Veranstalter starten erst hier in Chyamche die Annapurnarunde. Auch wandernde Trekker sehe ich während der Mittagsrast fast keine.

Die ersten Anzeichen einer Erkältung bei mir vom gestrigen Abend haben sich heute verschlimmert, also kann ich davon ausgehen, dass nun das komplette Programm einer Erkältung in den nächsten Tagen anstehen wird, aber da muss ich jetzt durch.

Nach unserer Mittagsrast machen wir uns auf den Weiterweg. Am Ortsende von Chyamche verlassen wir die Piste und queren den Marsyangdi abermals über eine Hängebrücke. Die Wetterlage hat sich analog zu gestern wieder verschlechtert, der Himmel ist inzwischen komplett bedeckt und aufkommender Wind lässt somit auch Regen erwarten.

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Hängebrücke oberhalb des Ortes Chyamche

Um riesige Felsblöcke herum führt uns der Pfad teils am Hang entlang, im immer enger werdenden Flußtal. Nach gut einer Stunde erreichen wir die Ansiedlung Sattale und machen an einer Hütte einen Boxenstopp. Vom Hüttenwirt bekommen wir in Soße eingelegte Äpfel angeboten, eine verdammt scharfe Angelegenheit. Anschließend geht es wieder weiter, weit oberhalb des Flußlaufes.

Dass der neue Straßenverlauf nicht einfach zu verwirklichen ist, lässt sich an einem Aussichtspunkt deutlich erkennen. An der gegenüberliegenden Flussseite muss die Straße am Hang um einen Bergsporn herum gesprengt werden. Kaum vorstellbar, dass dies hier alles fast ohne der Zuhilfenahme von Maschinen von statten geht.

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Um den Berg herumgesprengte Straße zwischen Chyamche und Tal

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Nahaufnahme der Straße mit zwei Trägern auf der Piste

Von unserer Aussichtsstelle ist zu erkennen, dass der Weg weiter in ein Hochtal führen wird, aber zuvor geht es fast 150 Höhenmeter nach unten und anschließend nicht weit von den kaskadenartigen Fallstufen des Marsyangdi entfernt wieder den Berg hinauf. Dann sind aber die heutigen Höhenmeter geschafft, unser heutiges Tagesziel, der Ort Tal, gelegen an einer ebenen Sandbank am Marsyangdi, ist in nicht allzuweiter Ferne auszumachen. Wir haben hier zwar immer noch bedecktem Himmel, aber sowohl in west- als auch in nördlicher Richtung ist ein blauer Himmel zu erkennen, von Regenschauern bleiben wir verschont.

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Der Ort Tal im Hintergrund

Zum zeitigen Nachmittag erreichen wir unser heutiges Tagesziel, jetzt heißt es wieder eine Lodge zu finden, wo das Zelten für mich möglich und eine Koch- und Schlafmöglichkeit für die Mannschaft vorhanden ist. Wir finden einen Platz im weitläufigen Garten einer Lodge. Obwohl es sich um eine große Lodge handelt, sind wir heute die einzigen Gäste.

Auch sonst sehe ich nur vereinzelt Touristen im Ort, wo sind denn die ganzen Touristenmassen geblieben?

Nach der Ankunft dann der übliche Ablauf: Fünf-Uhr-Tee, Zeltaufbau durch die Mannschaft, Zelteinräumen, Faulenzen bzw. das mentales Ankommen am Etappenziel, Erledigen von Kleinigkeiten, ...

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Ram prasad und Shubra Bir beim Zeltaufbau in Tal

Das Abendessen gibt es wieder im Innern der Lodge, ich bin dort der einzige Tourist. Die Kinder von der Lodge schauen nepalesisches Kinderfernsehen (wahrscheinlich aus Bollywood) in Gemeinschaft mit Einheimischen. Nachdem alle Tätigkeiten des Arbeitstages erledigt sind, genehmigen auch wir uns noch einen (alkoholfreien) Absacker vor der Flimmerkiste.

Tagesdaten: Start: Chermu (1155m ü.NN) - 7:45 Uhr, Ziel: Tal (1680m ü.NN) - 16:00 Uhr, ↑970m, ↓440m

Tag 6: Ghermu - Tal - Chame

Heute wird es, wenn ich meinem Reiseführer Glauben schenken darf, ein sehr langer Wandertag werden, denn bereits unsere Nachmittagsetappe ist gemäß diesem Buch bereits eine übliche Tagesetappe. Aber auch diese werden wir irgendwie schaffen können. Meine Erkältung nähert sich inzwischen in kleinen Schritten dem Bergfest, die Auswirkungen auf das “Tagesgeschäft” halten sich aber noch in Grenzen. Im Tal (Ort und Flußtal) herrscht meist noch ein Schatten vor, aber am Himmel hat die Farbe blau die Überhand.

Im hier wieder breiten Flusstal verläuft zunächst der Weg, manchmal auch im “Schotterschwemmgebiet”. Der weitere Weg, manchmal direkt im Hang entlang führend, ist aber sonst meist mit Drahtnetzen und Steinblöcken befestigt. Zum Queren auf das gegenüberliegende Flussufer gibt es zwei Pfade, die untere und die obere Variante. Bei beiden Varianten quert man mittels einer Hängebrücke, die untere ist zeitlich kürzer, kann aber nur bei niedrigem Wasserstand gefahrlos bewältigt werden.

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Der Ort Karte zwischen Tal und Dharapani

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Maultierkarawane auf dem Weg nach Karte/Dharapani

Langsam ändert sich auch das Landschaftsbild sowie die kulturellen Gebilde, es geht aus einem hinduistisch geprägten Gebiet in ein immer mehr buddhistisch geprägtes Gebiet. Auf der neuen Piste geht es weiter bis sich ein Seitental öffnet, wir haben den Ort Dharapani erreicht. Von Rechts in Laufrichtung bzw. von Nord kommt der Pfad der Manaslu-Umrundung und bei dem weißen Riesen im Hintergrund soll es sich um den 8163m hohen Manaslu handeln. Für einige Stunden glaube ich diesen Irrtum auch.

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Blick von Dharapani in das Tal des Dodh Khola

Zwei schrille Pfiffe mit einer Trillerpfeife aus einer Hütte neben dem Weg kommend, erinnern mich wieder daran, dass am Ortseingang eine Registrierung für das Trekking notwendig ist. Diese Registrierung übernehmen immer meine Guides.

An der Hauptstraße des Ortes genehmigen wir uns eine kleine Verschnaufpause und es wird auch für einen Nachschub an Reiseproviant gesorgt. Inzwischen sind wir ja auf 2000m Höhe angelangt, bis jetzt am heutigen Tage eher gemütlich ansteigend. Sanft ansteigend geht es auch weiter bis zu unserem Mittagsziel im Nachbarort Bagarchhap. Während der Mittagspause sehe ich nur vereinzelt Touristen, auch am ganzen Vormittag hatte sich der Ansturm in Grenzen gehalten. In unserer Mittagslodge sind auch nur 2 Gäste.

Bei den meisten Routenvorschlägen zur Runde um die Annapurnas ist der Ort Bagarchhap das zu erreichende Tagesziel, der Weg weiter bis nach Chame wird als zusätzliche Tagesetappe veranschlagt. Wir wollen aber heute noch weiter nach Chame, es wird vermutlich wahrscheinlich fast dunkel sein, bis wir dort ankommen werden.

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Hauptstraße von Danakyu, die KFZ-taugliche Hauptpiste nach Manang!

Zunächst führt uns auch der Weiterweg sanft ansteigend bis zum Ort Danakyu. Hier verlassen wir dann die Piste und laufen auf einem schmalen Weg weiter, wobei wir die Piste mehrmals kreuzen. Bei einer dieser Kreuzungen ist auch zu erkennen, warum hier so wenige Fahrzeuge unterwegs sind, im Hintergrund ist die Straße durch einen Erdrutsch unpassierbar geworden. Unser meist im Wald verlaufender Weg wird im weiteren Verlauf immer steiler und ausgesetzter, teilweise direkt am Felsen entlang. An manchen Stellen ist auch dieser Weg abgerutscht, sodass wir uns an Baumwurzeln festhaltend manchmal den Weiterweg bahnen müssen.

Weiter oben angelangt lichtet sich der Wald und es sind erste einfache Hütten zu sehen, wir sind fast im Ort Timang angekommen und haben damit gut 2600m ü.NN erreicht. Von Timang aus soll es auch einen wunderschönen Ausblick auf einige Eisriesen der Umgebung geben, aber “tiefhängende” Wolken oberhalb von 5000m versperren die Aussicht. So ist uns heute der Anblick des 8163m hohen Manaslu und der beiden “Fast-Achtausender” Himal Chuli (7893m) und Ngadi Chuli (Peak 29, 7871m) verwehrt. Ebenfalls verwundert es mich, dass hier der Manaslu so nah und hoch wirkt, im näher am Berg gelegenen Dharapani aber eher weit entfernt zu liegen scheint. Erst ein genaues Kartenstudium nach der Reise, meine Annapurnakarte zeigt den Manaslu nicht, bestätigt, dass es von Dharapani aus der Manaslu wegen der Himmelsrichtung des Tales gar nicht sein kann. Es dürfte sich dort um den fast 2000m niedrigeren Larkya Peak (6240m) handeln.

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Timang Downtown (“Unterstadt”) - wenn die Wolken nicht wären, dann wären von Links nach rechts der Manaslu (8163m), der Ngadi Chuli (7871m) und der Himal Chuli (7893m) zu sehen

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Verpflegungsstation der 1.Generation bei Timang

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”Hochalm” auf 2600m bei Timang

Es sind jetzt nur noch wenige Meter bis zum Hauptort von Timang, mit 2630m ü .NN haben wir schon unsere heutige Tagesendhöhe erreicht, aber noch 2-3 Stunden Wanderung vor uns. Und ich bin hier (und werde es bis zum Ort Koto und weiter bis Chame auch bleiben) der einzige Tourist auf der Strecke. Es sind auch nur vereinzelt Einheimische unterwegs. Da erwartet man ganze Völkerwanderungen auf der Annapurnarunde und man ist über Stunden der einzige wandernde Tourist weit und breit!

Der Weg verläuft nun zunächst fast eben auf der neu geschaffenen Piste, die aber anscheinend auch schon wieder ihre besten Tage gesehen hat. Vor dem Ort Thanchok verlasse ich mit den Guides die Piste, die Träger laufen auf der Piste weiter, und wir nehmen den Pfad durch den Ort. Im Ortskern werden gerade neue Häuser in Holzbauweise gebaut, von Touristen ist aber nichts zu sehen. Nach Thanchok heißt es wieder hinab in ein Tal zu steigen, eine lange Hängebrücke zu überqueren und am steilen, sandigen und erdrutschbehafteten Gegenhang die verlorenen gut 100 Höhenmeter wieder zurückzuholen. Zu allen Überfluss werden wir bereits von unseren Trägern erwartet, haben wir uns hier die längste Abkürzung herausgesucht?

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Annapurna II (7937m) auf dem Wege nach Koto

Die Dämmerung ist schon weit fortgeschritten als wir im Ort Koto eintreffen, wo der Nar Phu Trek wieder auf die Annapurnarunde trifft. Nur in ganz wenigen Lodges steigt aus dem Kamin Rauch oder es brennt Licht in der guten Stube, nur vereinzelt sieht man Touristen. Dafür erstrahlen hinter uns im Licht des Sonnenuntergangs der nun “wirkliche” Manaslu mit dem kaum 250m niedrigeren Ngadi Chuli um die Wette.

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Sonnenuntergang am Manaslu (8163m, links) und Ngadi Chuli (7871m, rechts) von Koto aus gesehen

Wir wollen aber heute noch weiter zum gut 30 Minuten entfernten Chame, dazu müssen wir uns aber an der Registrierungstselle am Ortsausgang melden. Nach Erledigung dieser Formalitäten können wir die letzte Etappe für heute in Angriff nehmen. Es ist bereits dunkel bis wir in Chame eintreffen, wir müssen uns aber zunächst wieder einen Platz zum Übernachten suchen. Dieses Unterfangen ist heute aber sehr schwierig, da sowohl Shukra Bir als auch Ram prasad auch nach einer halben Stunde noch nichts gefunden haben. Erst die Nachfrage an einer alten Lodge ist von Erfolg gekrönt, wir dürfen mein Zelt im gepflasterten kleinen Hof aufstellen und in der Küche der Hausherrin kochen. In der Lodge selber sind keine Gäste. Das Abendessen erfolgt am Wohnzimmertisch der Hausbesitzer, beäugt von den Kindern bzw. Enkeln der Besitzer.

Zum Ende des Essens bemerke ich, dass mein Körper mit kleinen Fieberschüben versucht, der Erkältung Einhalt zu gebieten, d.h. an einem erholsamen Schlaf ist heute Nacht nicht zu denken. Damit die Erkältung nicht noch weiter ausartet, bitte ich Ram prasad darum, mir heute auch die große Thermoskanne mit heißem Wasser zu füllen. Wenn es schon schlafmäßig eine unruhige Nacht werden wird, dann gönne ich durch eventuell zu wenig Flüssigkeit im Körper den Erkältungsviren keinen Erfolg, die Viren müssen (alkoholfrei) ersäuft werden. Wenn alles “nach Plan” läuft, dann sollten die Fieberschübe spätestens um 3 Uhr nachts vorbei sein und somit das Bergfest der Erkältung erreicht sein. Meine Sauerstoffsättigung und der Ruhepuls liegen im dunkelgrünen Bereich.

Tagesdaten: Start: Tal (1680m ü.NN) - 7:30 Uhr, Ziel: Chame (2670m ü.NN) - 18:30 Uhr, ↑1417m, ↓460m

 

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